Dominique Horwitz "Ich finde Thomas Geisel mutig"

Düsseldorf · Der Schauspieler Dominique Horwitz liest am Montag im Nelly-Sachs-Haus Gedichte der gleichnamigen Dichterin. Nelly Sachs wurde heute vor 50 Jahren mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet. Ihre Lyrik habe er erst in Vorbereitung auf den Abend kennengelernt, erzählt Horwitz zu Beginn.

Dominique Horwitz: "Ich finde Thomas Geisel mutig"
Foto: Schauspielhaus

Wie ist Ihr noch frischer Leseeindruck?

Horwitz Ich bin zutiefst bewegt und auch erschüttert sowohl von der Tiefe ihrer Empfindungen als auch von der Größe ihres Leids. Gleichzeitig ist ihre Lyrik von einer bemerkenswerten Leichtigkeit. Die Begegnung mit Nelly Sachs ist für mich eine Bereicherung. Ich habe eine große Lyrikerin entdeckt und bin dafür sehr dankbar.

Was ist an Sachs' Lyrik aktuell?

Horwitz Grundsätzlich ist alles über alles schon einmal gesagt worden. Auch über Themen wie Sehnsucht. Aber sie sagt nicht, sie spricht. Auf sehr persönliche Weise horcht sie in sich hinein und spricht mit uns darüber. Im wahrsten Sinne des Wortes eine berührende Erfahrung für diejenigen, die das Glück haben, es zu lesen oder zu hören.

Würden Sie dazu raten, Gedichte immer laut zu lesen?

Horwitz Beim Kunstgenuss gibt es keine Regeln. Mit Lautstärke hat es ohnehin nichts zu tun. Es gibt Gottlob auch eine innere Stimme, und die ist zuweilen sehr leise.

Wie bereiten Sie sich auf so einen Abend vor?

Horwitz Die Arbeit an einem Gedicht hat viel mit Musik zu tun, mit Rhythmus, mit musikalischen Bögen, die man üben muss. Es gibt Gedichte, die wirklich schwer zu knacken sind, und andere, die einen sofort anspringen. Die Arbeit an einem Gedicht ist wie die Begegnung mit einem Menschen: Wenn Sie ein Mensch anlächelt, wissen Sie, dass Sie auf Resonanz gestoßen sind.

Lesen Sie denn viel Lyrik?

Horwitz Viel zu wenig. Jedes Mal, wenn ich mich damit beschäftige, merke ich, was das für eine Oase der Erholung ist. Wenn man Lyrik liest, bleibt die Zeit stehen. Lyrik kann, in diesen aus dem Lot geratenen Zeiten, wie Medizin sein.

Sie waren schon oft auf Düsseldorfer Bühnen zu Gast. Verfolgen Sie die Diskussion ums Schauspielhaus?

Horwitz Ich habe dort gespielt und finde diesen Ort mit seiner bedeutenden Tradition geradezu magisch. Ich glaube nicht, dass der Oberbürgermeister das Haus anderswo unterbringen möchte. Dass er die Frage nach den Kosten stellt, finde ich nicht nur mutig, sondern in höchstem Maße demokratisch. Er weiß, dass es irrsinnig teuer wird. Nicht nur er muss dafür geradestehen. Die Düsseldorfer Bevölkerung wird dafür tief in die Tasche greifen müssen. Man darf nur hinterher nicht weinen, wenn an anderer Stelle gespart werden muss. Dass er die Düsseldorfer in diese Entscheidung einbindet und gleichzeitig auf ihre Unterstützung baut, gefällt mir sehr. Grundsätzlich bewundere ich Politiker, die Klartext reden und möchte unbedingt das Haus am historischen Platze erstehen sehen, nicht nur saniert, sondern in ganz neuem Glanze.

KLAS LIBUDA FÜHRTE DAS INTERVIEW.

(RP)
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