Fotolabor Grieger in Düsseldorf Hier wurde Gursky groß gemacht

Düsseldorf · Das Fotolabor Grieger druckt seit den 70er Jahren großformatige Bilder renommierter Künstler - bald könnte damit Schluss sein.

 Seit 35 Jahren ist Günther Mühlhausen im Fotolabor Grieger beschäftigt. Das Labor hat in dieser Zeit unter anderem schon mit Künstlern wie Andreas Gursky, Thomas Struth und Thomas Ruff zusammengearbeitet.

Seit 35 Jahren ist Günther Mühlhausen im Fotolabor Grieger beschäftigt. Das Labor hat in dieser Zeit unter anderem schon mit Künstlern wie Andreas Gursky, Thomas Struth und Thomas Ruff zusammengearbeitet.

Foto: Andreas Endermann

Im Besprechungsraum sind fein säuberlich Getränke aufgereiht. Kalte und warme. Vertriebsleiter Günther Mühlhausen bedient die Gäste und startet humorig ins Gespräch: "Ich mache uns mal Licht, sonst heißt es hinterher, die müssen sparen, wegen der Insolvenz." Derartige Witze darf nur er machen. Die Firma Grieger musste am 22. November Insolvenz anmelden. "Einbrüche in der kommerziellen Bildherstellung" nennt der Vertriebsleiter als Grund. Man könne einfach nicht so billig produzieren wie viele Firmen in Osteuropa. Das Geschäft mit der Kunst hingegen läuft nach wie vor gut und macht ohnehin mittlerweile den Löwenanteil der Aufträge aus.

Mühlhausen führt zunächst mal durch die 4000 Quadratmeter großen Räumlichkeiten an der Färberstraße in Bilk. Er zeigt die Dunkelkammer, in der die weltgrößten analogen Fotografien entstehen können. 5,50 mal 1,80 Meter ist das Maximum. Er zeigt das "Finishing", wo die Bilder auf Maß zugeschnitten werden. Und den Versand, von wo aus die Fotos in Holzkisten verpackt in die ganze Welt verschickt werden. Nach Pakistan, Japan, Saudi-Arabien, Südafrika oder Korea. Mühlhausen hat zu jedem Arbeitsschritt eine Anekdote parat. Er hält den Gästen jede Tür auf, grüßt jeden Mitarbeiter freundlich. Ein Profi, wie er im Buche steht.

Im Besprechungsraum sitzt er wenig später vor einem großformatigen Gursky. Das Foto zeigt weidende Rinder in Montana. Eine Leihgabe des Künstlers. Mit dem teuersten Fotografen der Welt arbeitet Grieger schon seit dessen Studienzeit an der Düsseldorfer Kunstakademie zusammen. Damals fotografierte Gursky die Pförtner großer Konzerne. Und er fuhr einen VW-Bus. Mühlhausen erinnert sich noch gut. Er arbeitet seit 35 Jahren für Grieger. Damit stellt der Mann aus dem Ruhrgebiet in dem Traditionsunternehmen keine Ausnahme dar. Viele Mitarbeiter hier sind als Auszubildende ins Haus gekommen - und geblieben.

Heute zählt die Grieger-Mannschaft 35 Leute. Stefan Reuter ist einer von ihnen. Sein Job: elektronische Bildbearbeitung. Reuter macht Gesichtsfarben gesünder, zeichnet Hintergründe weich, merzt kleine Fehler aus. Er macht das seit 37 Jahren. "Ich war der Letzte, der noch in schwarz-weiß geprüft wurde", sagt er. Manchmal sitzen die berühmten Grieger-Kunden wie Wim Wenders oder Thomas Ruff bei der Arbeit an einem Foto neben ihm. Das kann eine Woche dauern oder Monate. Manchmal sogar Jahre. "Natürlich entwickelt man ein persönliches Verhältnis zu den Künstlern", sagt Mühlhausen. Gursky zum Beispiel rufe ihn auch schon mal zuhause an. Nicht immer geht es dabei um etwas Berufliches. Manchmal hat er auch einfach nur Lust zu quatschen.

Ein paar Räume weiter sitzt Claudia Berndt. Sie kümmert sich um analoge Retusche. Selbst in einem Haus wie Grieger ist sie die einzige Mitarbeiterin, die diesen Arbeitsschritt überhaupt noch ausführen kann. Berndt ist gelernte Retuscheurin. "Bis 1987 war das noch ein Ausbildungsberuf", sagt sie.

Während vor ihrem Fenster im Zwei-Minuten-Takt Züge vorbeirollen, trägt sie mit einem Pinsel die spezielle Retuschefarbe auf und macht den Himmel auf dem halb gerollten Foto, wie er sein soll: makellos blau. Die Wand hinter ihr ist mittlerweile selbst ein Kunstwerk geworden. Auf zahllosen kunterbunten Stickern, die einst auf den Fotorollen klebten, sind handschriftlich die Namen der Künstler notiert, die bei Grieger ein und aus gehen. "Struth Retusche" steht auf einem Aufkleber. "Tillmans" oder "Sasse" auf anderen. 2012 lichtete der Kölner Fotokünstler Boris Becker die Sticker-Wand ab und nannte das Bild "Grieger". Das Fotolabor ist nun selber Kunst.

"Grieger ist für mich das, was Steidl unter den Büchermachern ist", sagt der Düsseldorfer Fotograf und Grafikdesigner Markus Luigs, seit 2015 Kunde an der Färberstraße. Grieger sei einfach "immer eine Idee besser. Also unverzichtbar." Günther Mühlhausen sieht das natürlich genauso. Es gebe diverse Kaufinteressenten, lässt er zum Abschied wissen. Mühlhausen ist guten Mutes, dass es weitergeht. Für Grieger.

(RP)
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