Ein Roboter als Dirigent vor einem menschlichen Orchester – Im Schumann-Saal gab es eine Kostprobe. Blechkasten mit Wespentaille

Düsseldorf · Die „Android Opera“ des Japaners Keiichiro Shibuya wurde beim „Hi Robot!“-Festival aufgeführt.

 „Alter3“ in Aktion.

„Alter3“ in Aktion.

Foto: Monika Rittershaus

Die ins Kraut schießenden Spekulationen um den Auftritt eines dirigierenden Roboters vor einem menschlichen Orchester bringt ein riesiges Publikum aus Nerds, Philosophen, Zukunftsforschern, Technik-Freaks, Musikern und Leuten, die so eine Sensation auf keinen Fall verpassen wollen, im Schumann-Saal zusammen. „Alter 3“, eine in spacigem Licht funkelnde Maschine aus Blech, Kabeln, Schaltkreisen, Hydraulik und einem Gesicht und Händen aus beweglicher Gummihaut, macht schon auf leerer Bühne bei wabernden Sphärenklängen beachtlich was her. Fast jeder zückt sein Smartphone, später hängen alle Augen gebannt an seinen eher ungelenken Armbewegungen, diesem rhythmischen Auf- und Abwippen des anthropomorphen Blechkastens mit Wespentaille, seinem Rotieren, diesem Schwung, mit dem er sich dem Publikum zuwendet und die Lippen bewegt, während aus Lautsprechern so etwas wie Gesang erklingt. „Hi Robot!“ hat das Tanzhaus NRW sein Mensch Maschine Festival (bis 31. März) getauft, das mit riesigem technischen und finanziellen Aufwand im Schumann-Saal eröffnet wird.

Die „Android Opera“ „Scary Beauty“ des Japaners Keiichiro Shibuya ist das Herzstück der gut 60-minütigen Vorführung, an deren Ende kein Mensch die Utopie fürchten muss, die hier von der Maschine besungen wird: Houellebecqs „The Seven Last Songs of Human“ – kein Leben ohne Maschine. Neben dem Komponisten, der live die Tasten eines Flügels bedient, sitzt mit den Japanischen Philharmonikern Düsseldorf ein leibhaftiges Orchester auf der Bühne, um die wenig inspirierten Kompositionen, die zwischen Avantgarde und Pop unentschieden bleiben, zu spielen. Mehr oder weniger trotz dieser Maschine, die mit künstlicher Intelligenz nur so vollgestopft sein soll. Unglaublich schnell soll das Ding auf Reize reagieren, und wirklich meint man hier und da so etwas wie einen Einsatz oder eine begleitende Handbewegung wahrzunehmen. Aber die Musik ist mehr oder weniger taktlos, ziemlich frei improvisiert. Und wenn es auf Zusammenspiel ankommt, dann zählen die Kontrabassisten vor einem Pizzicato leise mit und verlassen sich auf Augenkontakt. Untereinander.

Das Verdienst dieses von den Stars der Robotik-Szene, Takashi Ikegami und Hiroshi Ishiguro verwirklichten Konzerts ist jedoch das Nachdenken über das, was eigentlich der Mensch ist. Und die Erfahrung, wenn nicht Erkenntnis, dass Kunst nicht von „künstlich“ kommt.

Info Zum „Hi Robot!“-Festival gehören etliche Tanz-Performances im Tanzhaus NRW, die Ausstellung „Körperwende“ im NRW-Forum (ab 28. März), Workshops und fast tägliche performative Sitzungen mit Clemens Krauss. Mehr Infos unter www.hi-robot.de

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