Düsseldorf Hey, Vicky, hey!

Düsseldorf · 50 Jahre auf der Bühne: Die griechische Sängerin Vicky Leandros in der Tonhalle.

Zuerst gibt es auf dunkler Bühne nur etwas zu hören: Tonschnipsel aus früheren TV-Shows, die Auftritte von Vicky Leandros ankündigen. Nach jedem einzelnen wird geklatscht, als käme die Sängerin sogleich aus der Kulisse. Sie lässt sich noch Zeit. Dann ihre Stimme: "Heute bin ich sentimental", eine Zeile aus dem Lied "Das Leben und ich". Und plötzlich steht sie im Licht. Silbern funkeln die Pailletten auf ihrem schwarzen langen Kleid. Jubel brandet auf. Sie freue sich, in Düsseldorf zu sein, sagt Vicky, "und erst recht in der Tonhalle. Wenn ich singe, bin ich zu Hause. Überall."

Das Programm zum 50-jährigen Bühnenjubiläum beginnt sie mit "Ich bin, wie ich bin". Vickys Hände flattern dabei durch die Luft, ihre tänzelnden Schritte lassen an den Sirtaki denken. Die Sängerin reist mit ihrem Publikum zu Stationen ihrer beeindruckenden Karriere. "Was war wichtig in diesen 50 Jahren?" fragt sie und bilanziert: "Familie, Kinder, Enkelkinder, Freunde." Lampenfieber, aufregende Proben und peinliche Momente hätten auch dazugehört. "Aber immer waren da zwei beständige Konstanten", ergänzt sie, "die Musik und die Menschen - das sind Sie. Einander durch fünf Jahrzehnte zu begleiten, ist nicht selbstverständlich."

Zu jedem Lied streut sie eine Episode ein. Bei "Ne me quitte pas" ist es ihre erste Begegnung mit dem Chansonnier Jacques Brel. "Sie sind eine dramatische Sängerin", sagte er zu dem blutjungen Ding. Ein Kompliment? Vicky wusste es nicht. In Frankreich hatte sie Erfolg, alle ihre Alben wurden auch auf Französisch veröffentlicht. Ganz anders erlebte sie die USA: "Los Angeles und New York erschienen mir kühl, ich fühlte mich einsam. Amerika breitete die Arme für mich aus. Ich aber machte mich auf und davon und folgte dem Rat meines Vaters, nur auf mein Herz zu hören."

Ihr Vater Leo Leandros ("er lebt noch, ist 91 und rüstig") schrieb für die begabte Tochter, die bei ihm in Hamburg aufwuchs, einen Hit nach dem anderen. Sorgsam führte er sie ins internationale Showgeschäft ein - sogar in Japan war der pausbäckige Teenager ein Superstar.

1967 wurde die 17-Jährige mit "L'amour est bleu" Vierte beim "Grand Prix Eurovision". Im Konzert macht Vicky daraus eine lustige Karaoke-Nummer. Sie verlässt die Bühne, reicht das Mikrofon zwei Besuchern, die mutig und herrlich schräg loslegen. Und alle stimmen ein: "Weit, weit, so wie das Meer . . ." Mit griechischen Weisen verschwindet sie in die Pause. Kommt zurück im kürzeren Kleid und auf noch höheren Stilettos: "Und jetzt ein paar Lieder, die Sie vielleicht kennen!"

Pure Koketterie. Bei ihrem Medley gibt es kein Halten mehr. Das entfesselte Publikum springt auf, schwirrende Scheinwerfer fangen wedelnde Arme und verzückte Gesichter ein. Ist aber auch zu schön das alles: "Tango d'Amor", "Grüße an Sarah", "Meine Freunde sind die Träume", "Rot ist die Liebe" und die Hymne "Ich liebe das Leben", mit Bouzouki-Klängen neu arrangiert. Ihre Musiker sind übrigens fabelhaft, alle sechs.

Danach genießt Vicky ein Bad in der Menge, im Triumphzug durchschreitet sie das Rund. "Noch ein Lied?" will sie wissen. "Welches?" Aus tausend Kehlen schallt es "Theeeeo!" Und dann fahren alle zusammen schmetternd nach Lodz. Kurz vor 23 Uhr geht die Band ab. Vicky steht allein an der Rampe. Singt mit klarer kräftiger Stimme "Ich hab die Liebe geseh'n", begleitet von rhythmischem Klatschen. Großartig. In die allgemeine Rührung hinein gesteht sie: "Sie bringen mich so in die Emotion." Schafft dennoch ein allerletztes Abschiedslied: "Auf Wiedersehn, ihr Freunde mein". Was für eine Künstlerin. Was für ein wunderbarer Abend.

(RP)
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