Düsseldorf Heiterer Schneider Wibbel im Savoy

Düsseldorf · Das rheinische Original Schneider Wibbel gehört zu Düsseldorf wie der Schlossturm und das Altbier. Ihm nun in einer szenischen Werkstatt-Lesung quasi bei seiner Geburt beizuwohnen, birgt ein ganz besonderes Vergnügen. Bereitet wird es dem Theaterpublikum im Savoy von den Mitgliedern des Düsseldorfers Schauspielhauses, Wolfgang Reinbacher, Moritz Führmann und Claudia Hübbecke. Sie setzen die von Manfred Weber erarbeitete Fassung "Schneider Wibbel-eien" mit großer Lust und Spielfreude um.

Der Zuschauer erlebt, wie Hans Müller-Schlösser (Reinbacher), der Dichter des Theaterstücks "Schneider Wibbel" und von insgesamt 15 Komödien - sich während der Entstehung des "Wibbel" in seinem Text "Tinte und Schminke" über das Theater im allgemeinen und den Düsseldorfer im besonderen auslässt. Umgesetzt werden seine Spitzen von Wibbel (Führmann) und dessen Frau Fin (Hübbecker), musikalisch temperamentvoll am Klavier begleitet von Klaus-Lothar Peters. Frei nach dem Motto "Wat man nit kann ändere, muss man losse schlendere" charakterisieren sie in rheinischer Mundart den Düsseldorfer: Seinen unkaputtbaren Optimismus, seine unerschütterliche Heiterkeit, seinen "Schlendrian bis zur Faulheit", sowie seinen Humor, "der nicht geistreich, aber kräftig ist".

Ausdruck finden diese Eigenschaften in der Komödie und ihren Charakteren: Der Schneider Wibbel, der es zu etwas gebracht hat in seinem Metier, pöbelt angetrunken gegen die französische Obrigkeit und wird wegen Beleidigung zu vier Wochen Kerker verurteilt. Doch da sein Schneider-Geschäft darunter schwer leiden würde - man stelle sich nur vor, was die vornehme Kundschaft sagen würde, wenn Aufträge unerledigt blieben! - hat seine schlaue Frau Fin eine Idee: Statt seiner soll der einfältige Geselle einsitzen! Dieser willigt gegen ein paar Taler ein und begibt sich mit Wibbels Papieren in Haft - "die Franzosen", so Fin "kennen disch doch gar nit". Doch unglückseligerweise stirbt der Geselle im Gefängnis, so dass Wibbel offiziell tot ist.

Was tun? Er versteckt sich in einer Kammer und frönt mit abrasiertem Bart und damit unerkannt dem fröhlichen Altstadtleben. Prompt erscheint ein empört-verschmitzter Polizist: Die "Witwe" wurde wegen Unmoral angezeigt - da treibt sich schließlich ein fremder Mann bei ihr im Haus herum! Doch auch hier findet die pragmatische Frohnatur eine clevere Lösung: Sie stellt den "Fremden" als den Hamburger Bruder ihres seligen Gatten vor (" Daher die Ähnlichkeit") und verkündet, dass sie ihn zu heiraten gedenkt. Also bleibt sie ein schickliches Frauenzimmer.

Doch zuvor kommt es noch zur Beerdigung des Schneiders, der seinem eigenen Trauerzug hinter einem Vorhang versteckt quicklebendig zusieht: "Wat isser für eine schöne Leich´" kommentiert er gerührt, und stellt ob der großen Anteilnahme fest, dass dies der schönste Tag in seinem Leben sei. Am Schluss wird der Dichter Müller-Schlösser nachdenklich: Nach dem unerwartet großen Erfolg der Uraufführung seiner Komödie im Juli 1913 weiß er: "Das Stück wird mich überleben. Sterben müssen wir schließlich alle".

Das alles ist mit wenigen Requisiten so schwungvoll inszeniert und geschickt garniert mit Düsseldorfer Liedern, Radschläger-Einlagen, rheinischen Lebensweisheiten und Tänzen, dass im ausverkauften Haus zeitweise Karnevalsstimmung aufkam und mit geklatscht wurde. Ein gelungener, mit häufigem Szenenbeifall bedachter Abend, den man augenzwinkernd genießen sollte.

Info Graf-Adolf-Str. 47, Vorstellungen: morgen, 20 Uhr, Sonntag, 19 Uhr, Samstag, 22. und. Sonntag, 23. August. 20 Uhr. Eine Stunde ohne Pause.

(RP)
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