Johanneskirche zeigt Fotos von Daniel Etter Schatten auf Kinder-Seelen

Düsseldorf · Daniel Etter zeigt in der Johanneskirche Fotografien aus den SOS-Kinderdörfern in Damaskus: „Die Stille nach der Katastrophe“.

Unsagbares Leid erleben Kinder täglich in den Krisenregionen dieser Welt. Die beiden SOS-Kinderdörfer in Damaskus gewähren syrischen Kindern und Jugendlichen Schutz vor dem Krieg. Daniel Etter ist so etwas wie ein Kriegs-Fotograf. Er reist vor allem dort hin, wo geschossen wird. Auf Einladung der SOS-Kinderdörfer begab sich der Fotograf und Reporter nun in die Ruhezone jener Räume, in denen Kriegswaisen mit ihren Traumata leben. „Die Stille nach der Katastrophe“ heißt die Ausstellung, die aus Etters Bilder-Sammlung entstanden ist. Zu sehen sind die Fotos im Foyer der Johanneskirche am Martin-Luther-Platz.

Etter fängt mit diesen Bildern nicht das Grauen ein. Die Motive sind beinahe idyllisch. Man sieht versorgte Kinder mit Stofftieren im Arm in Wohn- und Schlafzimmern der beiden noch bewohnbaren SOS-Kinderdörfer Syriens. Es gab auch eins in Aleppo, doch das musste kriegsbedingt evakuiert werden. Derweil schaut der Betrachter auf keine Insel der Glückseligen, sondern hinein in eine Welt kindlicher Melancholie. Die Bilder wirken freundlich und verschattet zugleich. Kinder-Gesichter erzählen vom Krieg auf sanfte, undramatische Weise. Sie klagen nicht direkt an, doch der Betrachter kann sich ausmahlen, was Krieg mit den Kinderseelen angerichtet hat.

Zu jedem Foto gibt es in der Ausstellung einen kleinen Text rund um das Schicksal der abgebildeten Kinder. Ein Junge hatte mit der Familie ein Picknick gemacht, holte Wasser am nahe gelegenen Bach. Als er zurück kam, fand er die Familie von einer Mörsergranate getötet vor. Dann sieht man den fünfjährigen Hamit. Er lag zwei Tage unter Trümmern, bevor er geborgen wurde.

„Wir wollten den Krieg, der in die Menschen eindringt, zeigen“, sagt Etter. Ursprüngliches Ziel sei nicht die Ausstellung gewesen, sondern erst einmal nur mit Hilfe von Bildern zu zeigen, was Krieg in Kindern auslöst. Dafür habe er sich Zeit nehmen müssen. „Ein Junge lag zwei Tage unter Trümmern, so jemand hat Schwierigkeiten Vertrauen aufzubauen.“

Daniel Etter, der auch in gefährlichen Gebieten wie Aleppo und Idlib unterwegs war, wirkt nicht wie ein kerniger Abenteurer. Der große junge Mann hat eher verträumte Gesichtszüge, spricht ruhig mit einer leichten Nuance zum Phlegmatischen. Auf Fragen nach dramatischen Situationen und was das beobachtete Leid in ihm auslöse, könne er nicht antworten, sagt er und wirkt dabei, als müsse er um Fassung ringen.

Die Schwierigkeit, über Erlebtes zu sprechen, ist vor allem in den Kinderdörfern allgegenwärtig. „Wir haben im Dorf ein Kind, das nicht mehr reden konnte“, sagt Petra Horn, Vorstandsmitglied der SOS-Kinderdörfer mit Verwaltungssitzen in München und Innsbruck. Irgendwann habe sich heraus gestellt, das größte Talent des Mädchens sei Singen. „Sie hat dann ein Volkslied aus ihrer Heimat gesungen, das uns alle zu Tränen gerührt hat.“ Die Fotos der Kinder seien für sie nur schwer zu ertragen, sagt Horn. „Sie zeigen Hilflosigkeit, Angst und Ohnmacht.“ Aber beim genaueren Hinsehen könne man auch Hoffnung erkennen. „Die SOS-Kinderdörfer bieten ihnen eine wärmende Decke, Sicherheit und Geborgenheit, das hilft ihnen ihre Selbstheilungskräfte zu aktivieren.“

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