Düsseldorf Ein Wochenende im Zeichen von Fotokunst

Düsseldorf · Zum dritten Mal positioniert sich Düsseldorf als Marktplatz und Metropole von zeitgenössischen Strömungen.

 Im NRW-Forum präsentiert die DZ Bank eine Ausstellung des Berliner Künstlers Andreas Mühe.

Im NRW-Forum präsentiert die DZ Bank eine Ausstellung des Berliner Künstlers Andreas Mühe.

Foto: Andreas Endermann

Selten war ein Konzept so schnell erfolgreich und weit über die Grenzen der Stadt bekannt wie das heute zum dritten Mal startende Düsseldorf Photo Weekend: Mit über 30 teilnehmenden Galerien von Flingern bis in die Innenstadt und privaten sowie öffentlichen Institutionen — von Kunsthalle bis Sammlung Philara — , macht es Düsseldorf als Fixpunkt der künstlerischen Fotografie alle Ehre.

So präsentiert im NRW-Forum die DZ Bank Hochkarätiges aus ihrer Sammlung: Unter dem Titel "Heimat" visualisieren Künstler die unterschiedlichen Bedeutungen von Heimat jenseits territorialer Eingrenzung. Es kann politische Heimat bedeuten wie bei Andreas Mühes Bezügen zum Nationalsozialismus oder Barbara Klemms Chroniken der ost-westdeutschen Entwicklung — aber auch Nahrung, wie Hans-Peter Feldmanns Brotscheiben suggerieren, oder spießige Wohligkeit wie auf Hans-Christian Schinks aufgehübschten Häuserzeilen oder Andreas Theins "Durchreiche".

Parallel sind Arbeiten des US- Fotografen Duane Michaels von 1958 bis heute zu sehen. Die meist kleinformatigen schwarz-weißen Arbeiten sind teils mit handschriftlichen Kommentaren versehen und von seltener Ausdrucksstärke — Werke wie "Grandpa goes heaven" (1962) oder "Seven ages of man" (1974) erzählen ganze Geschichten, die noch lange nachhallen.

In der Poststraße zeigt Clara Maria Sels, die Organisatorin des Weekends, den spanischen Fotografen Chema Madoz. Alltägliche Begebenheiten, Augenblicke und Objekte verfremdet er auf ebenso irritierende wie poetische Weise, so dass aus einem dürren Baum ein wolkenleichtes Fantasiegebilde wird, ein von Regen befleckter Mantel eine ganze Geschichte erzählt und der Blick hinter einen zurückgezogenen Vorhang wie das Ende eines Rossellini-Films wirkt.

Rupert Pfab präsentiert im selben Haus mit "Melancolia" eine Installation des zivilisationskritischen Konzept- und Aktionskünstlers Helmut Schweizer. Der mit Schwarzlicht beleuchtete Raum birgt von grünem Färbemittel unheimlich strahlende Vitrinen, Objekte und Papierarbeiten — eine beklemmende und zugleich faszinierende Auseinandersetzung mit der Katastrophe von Fukushima und der Entdeckung der Atomenergie Ende des 19. Jahrhunderts.

Das Schmela-Haus erfreut mit Absolventen der Klasse Andreas Gursky: Anna Vogel, Louisa Clement und die bei Walter Dahn ausgebildete Anna Virnich. Letztere zeigt Arbeiten, die in der heruntergekommen Downtown von Los Angeles entstanden: Verlassene Kinosäle, von seligen Art-Déco-Zeiten erzählende Lagerräume, einst kostbar ausgestattete Geschäfte.

"Ich wollte die Szenerie abtasten, ihre Geschichte erzählen und die Stimmung transportieren" berichtet sie beim Aufbau der Schau. Anna Vogel bearbeitet ihre Fotografien so, dass man erst bei genauem Hinschauen erahnt, was sich alles auf dem Papier tut: Da werden Streifen aufgelegt, die — wie sie sagt — das Verlaufen der Zeit symbolisieren können, Motive werden überklebt, lackiert, wieder aufgekratzt und mit Kopien collagiert, ohne dass Unruhe oder Willkür entsteht. In den kleinen Formaten verdichtet sich die ganze Welt der Möglichkeiten des Mediums Fotografie — heraus kommen inhaltsstarke Zauberstücke wie bei den Variationen über goldene Fundstücke aus der Epoche der Sumerer, gänzlich abstrakte, geheimnisvoll schimmernde Tafeln oder aus dem Licht der Vergangenheit herüberschauende Porträts antiker Gottheiten.

Louisa Clements konzeptuelle Reihen fangen Fragmente unserer Umgebung ein und verwandeln uns bekannt vorkommende Objekte in kleine Rätsel: Sich schlängelnde weiße Linien entpuppen sich als die allgegenwärtig aus Taschen hervorschauenden oder herumliegenden iphone-Kabelschnüre, monochrom changierende Farbflächen sind Ausschnitte von Müllkübeln. Banalste Dinge erweckt sie so zu neuem Leben und lehrt uns, genauer hinzuschauen.

(RP)
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