Kunsthalle Düsseldorf Ein Bild für Amy Winehouse

Düsseldorf · Der US-amerikanische Künstler Chris Martin ist zu Gast in der Kunsthalle. Es ist seine Europapremiere in einem Kunstinstitut. Auch auf der Hauptfassade und an Außenwänden hängen seine farbsprühenden Bilder, die voller Symbolik sind.

Wer zu lange in die Sonne schaut, erblindet. Wer hingegen das rechte Maß beim Schauen hält, wird zu höherer Erkenntnis gelangen. Türkis und mennigerot sind die Streifen unterschiedlicher Größe, die Chris Martin auf riesengroße Leinwände malt. Eine liegt am Boden, die nächste hängt in Fortsetzung an der Wand — ein Raumbild, das einen Bildraum beansprucht.

Am oberen Ende prangt ein gelber Balken, das muss die Sonne sein. "Staring into the Sun" heißt das zentrale Werk des Amerikaners, nach dem die jüngste Ausstellung in der Kunsthalle betitelt ist.

Chris Martin ist eine Entdeckung von Kunsthallenchef Gregor Jansen. Jansen verhilft diesem ungewöhnlichen Künstler zur Europapremiere in einem Kunstinstitut. In einer Berliner Galerie war er auf den Außenseiter gestoßen und fand ihn gut. "Seine Bilder verhandeln, was Malerei bedeuten kann", sagt Jansen und führt die mentale Dichtheit an, die physische Extrovertiertheit, die Explosionskraft, die sich auch im Außenraum entfalten darf.

An der Fassade und an der Seite zum Kay-und-Lore-Lorentz-Platz, gleich neben dem Ofenrohr von Joseph Beuys, hängen Bilder. Sie sind der Witterung und den flüchtigen Blicken der Passanten ausgesetzt. Beuys hat der Amerikaner verehrt. Das passt gut.

Ganz zentral über dem Einganstor prangt aber die verschlüsselte "Liebeserklärung" für Amy Winehouse, zu der der Künstler eine intensive Beziehung pflegte, die er verehrte. Einen leuchtenden Stern mit sieben grellen Zacken hat er ihr gewidmet. Die kürzlich jung verstorbene Sängerin begegnet dem Betrachter auch an anderer Stelle, kollagiert als Zeitungsschnipsel auf Öl. Manchmal auf dem Kopf stehend.

Die Leinwände sind ruppig bemalt, mit Materialien bestückt. Riesengroße und kleine Formate hängen durchmischt, figürliche und abstrakte, symbolische und in einer Art romantische, wie sie hierzulande unbekannt ist. Farbintensiv sind die meisten Bilder von Chris Martin, mit Textspiralen versehen oder mit seltsam schlangenförmigen Figuren.

Einige sind mit Glitzer übersprüht. Sie wirken psychedelisch, bewusstseinserweiternd. Davon heben sich die schwarzen Großformate mit Markierungen besonders ab. "Here" steht auf so einem Black Painting, ein kleines weißes Quadrat hat eine große Bühne erhalten. Es könnte die Verortung des Künstlers an einem spirituellen Ort sein.

Die Begegnung mit Chris Martin gerät zum Besuch in eine abseitige Welt der Malerei. Interessant, dass der 57-jährige Künstler zu Zeiten der Finanzkrise einen Job als Kunsttherapeut annahm und Aidskranke betreute. Seine düsteren Erfahrungen mit dem Tod fließen in den Kosmos seiner Bilder ein.

(RP)
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