JVA "Ulmer Höh" Düsseldorfer Künstler in der JVA

Düsseldorf · Hunderte Besucher gingen am Wochenende freiwillig ins Gefängnis, als es in der JVA "Ulmer Höh" hieß "Freigang – Kunst im Knast". Als Eintrittskarte bekam jeder Gast einen Schlüssel umgehängt – ein befreiendes Gefühl inmitten von Schlössern.

Hunderte Besucher gingen am Wochenende freiwillig ins Gefängnis, als es in der JVA "Ulmer Höh" hieß "Freigang — Kunst im Knast". Als Eintrittskarte bekam jeder Gast einen Schlüssel umgehängt — ein befreiendes Gefühl inmitten von Schlössern.

Vor dem ehemaligen Hintereingang der Justizvollzugsanstalt "Ulmer Höh" an der Metzer Straße reichte die Schlange bis zur Straße — und die lange Wartezeit wurde von den Besuchern der Gemeinschaftsausstellung "Freigang — Kunst im Knast" gerne in Kauf genommen. Wegen der strengen Brandschutzverordnung durften immer nur 200 Besucher gleichzeitig in das Gebäude, in dem noch vor wenigen Monaten Jugendliche inhaftiert waren.

Das sorgte teilweise für Wartezeiten von einer Stunde. "Wir stehen hier schon seit 45 Minuten, aber das macht nichts", sagt Hildegard Künnemund. "Jeder, der die Ausstellung verlässt, sagt, dass es sich wirklich lohnen würde. Also warten wir gern."

58 Düsseldorfer Künstler stellten ihre Werke in den Zellen aus. "Das Thema Gefängnis bietet einem so viel, ich konnte mich kaum entscheiden, welche Idee ich ausarbeiten soll", sagt Künstlerin Ute Wöhle, die sich mit dem Begriff "Einsitzen" beschäftigt hat. "Ich habe versucht, mich in die Haftsituation hinein zu versetzen und die Gedanken eines Insassen zu begreifen." In der von ihr gestalteten Zelle befanden sich neben Gemälden auch Zettel mit den unterschiedlichsten Gedanken über Suizid, Reue, Hoffnung und Selbstreflexion.

Neben der Kunst war wohl vor allem der Ausstellungsort für viele ein Grund sich trotz schönem Wetter am Wochenende in das kühle Gebäude zu begeben. Die teilweise sehr kleinen Zellen wirkten beklemmend und auch die in die Wände geritzten Hinterlassenschaften der Häftlinge bestärkten das befremdliche Gefühl des Eingesperrtseins. "Ich finde die Kunst gut, aber im Gefängnis sein ist ein blödes Gefühl", sagt der siebenjährige Nick. "Die haben hier zwar Heizungen, aber es ist schon sehr kalt, und hier gibt es auch gar nichts zu tun. Das ist bestimmt langweilig für die Gefangenen."

Damit sprach der kleine Junge vielen Besuchern aus der Seele: "Es ist ein Mischverhältnis: Zu 50 Prozent interessiert mich die ausgestellte Kunst, zu 50 Prozent die Atmosphäre in einer JVA, die noch vor kurzem in Betrieb war", sagt Leonard Heuten. "Die Insassen waren ja nicht ohne Grund hier, trotzdem wirkt es fast menschenunwürdig, in so kleine Zellen gesperrt Jahre zu verbringen. Die Kunst, die sich nicht mit dem Thema Haft beschäftigt, wird völlig erschlagen von der Präsenz des Raumes."

Ralf Schmidt stellte neben Gemälden auch eine kleine Installation aus: In einem originalen Schlüsselkasten des Gefängnisses positionierte er Schlüssel mit verschiedenen Namen in den Kategorien "Urteilsfindung", "Zellenbelegung" und "Begnadigung". "Die Besucher können die Schlüssel beliebig umhängen oder auch selbst noch Personen hinzufügen", sagt Schmidt. Am Nachmittag war zu Berlusconi, Bush und Putin im Fach "Zellenbelegung" unter anderem Heidi Klum hinzugekommen. Der Schlüssel von Ex-Bundespräsident Christian Wulff hing unter Begnadigung.

Kontakt zum Initiativkreis "Düsseldorfer Künstler", einem Projekt von Joe Hennig, Tobias Basan, Eve und Vera Sattle unter www.duesseldorfer-kuenstler.de

(RP/anch/top)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort