Eröffnung des Schumannfestes Zuerst noch Livestream, dann Livekonzert

Düsseldorf · Fast unglaublich: Die ersten Zuschauer durften wieder in die Tonhalle zu einem Konzert mit dem französischen Akkordeonisten Richard Galliano. Und endlich gab es wieder auch analogen Applaus. Einen Tag zuvor war der Geiger Frank Peter Zimmermann noch im Livestream zu erleben.

 Frank Peter Zimmermann spielte zu Eröffnung des Schumannfestes in der Tonhalle.

Frank Peter Zimmermann spielte zu Eröffnung des Schumannfestes in der Tonhalle.

Foto: S. Diesner/Susanne Diesner

Nach fast sieben Monaten Corona-Lockdown dürfen nun Konzerthäuser wieder öffnen. Nach langer Abstinenz kann man nun endlich etwa in der Tonhalle und im Palais Wittgenstein den Musikern beim Musizieren live ins Auge und auf die Hände sehen und die Musik ohne technische Übertragung live erleben.

Doch zunächst fand am Freitagabend das Eröffnungskonzert des Schumannfestes 2021 noch im mittlerweile durchaus bewährten Livestream-Modus statt. Ein Nachbar aus Duisburg war eingeladen, der Geiger Frank Peter Zimmermann. Sein Gastspiel bei den Düsseldorfer Symphonikern sei wie eine „Heimkehr zu einer Familie“, sagte er im Interview mit Tonhallen-Dramaturg Uwe Sommer-Sorgente. Sein Vater war einst Cellist bei den Duisburger Philharmonikern, sozusagen dem Schwester-Orchester der Düsseldorfer an der Deutschen Oper am Rhein.

 Zimmermann und die Symphoniker spielten natürlich Robert Schumanns in Düsseldorf entstandenes Violinkonzert d-Moll, ein Werk, das von den Geigensolisten der Welt eher vernachlässigt wird. Sicher, es bietet ungewöhnliche Wendungen bis hin zu scheinbaren Abbrüchen, harmonische Schärfen und Strukturen, die oft das Metrum mehr verschleiern als klären. Zimmermann romantisierte sich (in Anlehnung an den Werbespruch der Tonhalle) und identifizierte sich mit diesem Stück aufs Innigste. Die virtuosen und technisch anspruchsvollsten Passagen spielte er traumwandlerisch leicht, bot mit seiner edlen Stradivari, der „Lady Inchiquin“, einen durchweg warmen, reifen Ton. Gemeinsam mit den Symphonikern unter der Leitung des russischen Dirigenten Dmitry Liss stellte er insbesondere im zweiten, geradezu schwebenden Satz die dunklen Seiten des d-Moll-Werkes heraus.

Vorher gab es die 2. Suite für kleines Orchester von Igor Strawinsky, dessen farbenreiche und witzig-schräge Nummern wie Marsch, Walzer, Polka, Galopp insbesondere von den vielen Bläsersolistinnen und -solisten frisch und elegant ausgekostet wurden. Der Dirigent warf die Akzente ins Orchester, dass es krachte und blitzte.

 Die schiere Menge von – wie man hörte – 55 Schlaginstrumenten aus Holz, Metall und Fell, bedient von nahezu der gesamten Schlagzeugfraktion der Düsseldorfer, wurde neben der üblichen vollen Orchesterbesetzung für die Aufführung der „Carmen-Suite“ des russischen Komponisten Rodion Schtschedrin (geb. 1932) benötigt. Das Erfolgsstück des langjährigen Präsidenten des russischen Komponistenverbands stand am Ende des Programms. Schtschedrin arrangierte und kolorierte die wunderbare und vertraute Musik George Bizets neu. Die Symphoniker und der Dirigent Liss brachten die Partitur indes putzmunter, witzig, farbig und pointenreich zum Klingen.

 In den elektronischen Kommentaren wurde durchweg reichlich Applaus gespendet. Die Zugriffe gehen schon in die Tausende.

 Einen Tag später war der Moment gekommen, wo das Publikum wieder die Tonhalle betreten durfte. Naturgemäß waren es wegen des kurzfristig anberaumten Vorverkaufs am Freitagvormittag nur wenige, gut 30, die den Weg in die Tonhalle gefunden hatten. Intendant Michael Becker freut sich in den nächsten Konzerten auf zahlreicheres Publikum. Wie er sagte, sind derzeit bis zu 250 Personen erlaubt.

Und alles dabei? Denn hineingelassen wird man nur, wenn man drei Dinge vorweisen kann: Neben der elektronisch zugeschickten und ebenso lesbaren Eintrittskarte auch einen Schnelltest, der wie üblich nicht älter als 48 Stunden sein darf, sowie den Personalausweis. Auch nachweislich vollständig Geimpfte und Genesene erhalten Zugang. Im Saal ist Abstandhalten und Maske natürlich Pflicht. Dieses Konzert wurde aber auch noch gleichzeitig im Livestream übertragen, man konnte jetzt also im Saal auch dem Kameramann und dem Regisseur bei der Arbeit zusehen. Am Sonntagvormittag las man bereits von an die 1000 Aufrufen im Internet. Einige weitere Konzerte finden übrigens nur live statt.

Zum Generalthema des Schumannfestes „Heimat“ trug der französische Akkordeonist Richard Galliano Musik auf seinem Instrument bei, das in vielen Regionen der Welt beheimatet ist. Sein Repertoire besteht teils aus ganz und gar klassischer Musik. Diesmal spielte er zwar nicht Bach, aber doch umgearbeitete Klaviermusik des Franzosen Claude Debussy und des Spaniers Enrique Granados, zunächst solistisch. Sie klangen bei Galliano, als ob sie für sein Akkordeon komponiert wurden. Das weitere Programm, das er zusammen mit seinem New Jazz Musette Quartet spielte, umfasste Filmmusik von seinem Landsmann Michel Legrand: „The Windmills of your Mind“ klang wie ein Orgelpräludium. Außerdem gab es Eigenkompositionen und natürlich Musik von Astor Piazzolla zu hören. Da und dort lieferte Galliano sich ein Duell mit dem Gitarristen Jean-Marie Ecay, grundiert von den beiden anderen auf ihren Instrumenten zaubernden Quartett-Mitgliedern Bruno Rousselet am Kontrabass und Jean-Christophe Galliano am Schlagzeug, Sohn des Akkordeonisten.

 Endlich gab es auch Analog-Applaus für gelungene Soli. Der Wiederanfang ist gemacht!

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