Opernscouts über „Der Kaiser von Atlantis“ „Eine emotionale Erfahrung“

Düsseldorf · Das Stück „Der Kaiser von Atlantis“ bewegte die Opernscouts tief. Seine Entstehungsgeschichte trug dazu bei: Viktor Ullmann und Peter Kien schrieben es als Häftlinge im Ghetto Theresienstadt.

 Markus Wendel sagt, dass ihn selten ein Stück so mitgenommen habe.   Fotos (3): Endermann

Markus Wendel sagt, dass ihn selten ein Stück so mitgenommen habe. Fotos (3): Endermann

Foto: Endermann, Andreas (end)

Durch die Corona-Regelungen ist der Kreis der Opernscouts, die eine Premiere besuchen, derzeit noch etwas verkleinert. Bei „Der Kaiser von Atlantis“ von Viktor Ullmann erlebten drei unserer „Pfadfinder des Musiktheaters“ einen tief berührenden Abend. Rezensionen der Scouts über Oper und Ballett in voller Länge unter:

Markus Wendel, Sachbearbeiter

im NRW-Innenministerium

„Ein unglaublich starker Abend, von der textlichen Formulierung bis zur musikalischen Untermalung. Dieses Stück klebt an seiner Entstehungsgeschichte. Ich habe immer noch eine richtig fette Faust in der Magengrube. Selten hat mich ein Werk emotional so mitgenommen, an mir zogen die Bilder aus den Konzentrationslagern vorbei. Es war mein erster Opernbesuch nach der Öffnung. Einerseits ein Trauerspiel, wenn man auf die Ränge mit den wenigen Menschengrüppchen sieht. Aber schön, dass solche Erlebnisse jetzt überhaupt wieder möglich sind.“

Sandra Christmann, Kunstexpertin

„Als visueller Mensch habe ich mich gefreut, als ich das Bühnenbild sah, auch einige Kostüme hatten Brillanz. Aber ich gehe nach dem Stück deprimiert nach Hause, trotz der tollen poetischen Texte. Ich könnte losheulen, weil hier wieder so deutlich wird, aus welch kranken Gehirnstrukturen Krieg und Tod und Machtmissbrauch entspringen, von einem Popanz, der die Strippen zieht. Das war im Zweiten Weltkrieg so und ist es bis heute. Man spürt auch, wie dumm die Mitläufer sind. Bemerkenswert an der Musik waren die Zitate, ich hörte ‚Ein feste Burg ist unser Gott‘, ‚Macht hoch die Tür‘ und das Deutschlandlied heraus.“

Hubert Kolb, Professor i. R.

 Sandra Christmann ging nach der Vorführung deprimiert nach Hause.

Sandra Christmann ging nach der Vorführung deprimiert nach Hause.

Foto: Endermann, Andreas (end)
 Hubert Kolb beeindruckte vor allem das Libretto von Peter Kien.

Hubert Kolb beeindruckte vor allem das Libretto von Peter Kien.

Foto: Endermann, Andreas (end)

„Der Premierenbesuch war für mich eine starke emotionale Erfahrung, was hauptsächlich am Stück lag. Viktor Ullmanns Komposition war dazu gedacht, den Mithäftlingen in Theresienstadt zu innerer Stärke zu verhelfen, damit sie über den Dingen stehen können – Enge, Hunger, Todgeweihtheit. Das wird im Schlussbild verdeutlicht, wenn der Tod als Erlösung angenommen wird. Am eindrucksvollsten fand ich das Libretto von Peter Kien. Darin sind so großartige Formulierungen, Bilder und Allegorien enthalten, dass ich es gerne lesen möchte. Ein existenzieller Text. Nicht minder beeindruckend ist, was Regisseurin Ilaria Lanzino daraus gemacht hat: etwas Zeitloses mit großem Symbolwert. Es ist wahr, Liebe und Tod sind untrennbar miteinander verbunden.“

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