Düsseldorf Düsseldorf macht ihr gute Laune

Düsseldorf · Seit einem Jahr gehört Tabea Bettin zum Schauspielhaus-Ensemble. Demnächst feiert sie mit der "Dreigroschenoper" Premiere.

 Schauspielerin Tabea Bettin, Jahrgang 1982, ist nach Engagements in München, Graz und Berlin in Düsseldorf angekommen.

Schauspielerin Tabea Bettin, Jahrgang 1982, ist nach Engagements in München, Graz und Berlin in Düsseldorf angekommen.

Foto: Andreas Bretz

Der Weg nach Düsseldorf ebnete sich für Tabea Bettin ganz unkompliziert. Als feststand, dass Wilfried Schulz das Schauspielhaus übernimmt, war sie in Berlin am Deutschen Theater engagiert, und er kam aus Dresden, um sich eine Vorstellung von "Baal" anzuschauen. "Ich hatte vorher schon viel von ihm gehört. Und was ich da erfuhr, gefiel mir", erzählt sie. Auch die persönliche Begegnung verlief erfreulich: Sie konnte bei ihm vorsprechen. Seit 2016 gehört Tabea Bettin zum Schulz-Ensemble und hat das sichere Gefühl, den richtigen Schritt getan zu haben. "Ich glaube, ich bin in Düsseldorf ziemlich gut angekommen", sagt sie, "die meisten Leute, die ich hier treffe, machen mir gute Laune."

Für die Vielfalt ihrer Rollen dürfte das ebenfalls gelten. Tabea Bettin, Jahrgang 1982, beeindruckt und berührt die Zuschauer als Abigail Williams in der verstörenden "Hexenjagd"-Inszenierung mit ihrem intensiven Spiel. In der amüsant-zynischen Milieustudie "Das Licht im Kasten" bewältigt sie - mit einer brillanten Riege von Kolleginnen - Elfriede Jelineks gewaltige Wortkaskaden. Sie wirkt mit bei der eigenwilligen Installation "Die dritte Haut" im Dreischeibenhaus und irrlichtert in "Ellbogen" mit ihren aufmüpfigen Freundinnen durch die deutsch-türkische Berliner Szene.

Gerade probt sie für die "Dreigroschenoper", Premiere ist am 11. November. Als Lucy wird Tabea Bettin auch singen. Damit kennt sie sich zwar aus, aber die Songs von Kurt Weill seien schon ein anderes Kaliber und eine große Herausforderung. Mit dem Stück verbindet sie eine unvergessliche Jugenderinnerung. Ihre Familie war zur Wendezeit aus Schwerin nach Hamburg gezogen, wo sie als Teenager die "Dreigroschenoper" sah. "In der Pause durfte ich mein erstes Glas Sekt trinken", erzählt sie. "Das hat so reingehauen, dass ich es später im Parkett nicht mehr aushielt und ins Foyer flüchten musste." Dennoch war dieses Theatererlebnis derart prägend, dass sie in der Oberstufe einen Kurs für darstellendes Spiel belegte. "Damit hatte es mich gepackt, ich kam nicht mehr davon los", beschreibt sie ihre für immer entfachte Leidenschaft.

Noch vor dem Abschluss an der Otto-Falckenberg-Schauspielschule in München erhielt Tabea Bettin 2006 ein festes Engagement an den dortigen Kammerspielen. Als freie Schauspielerin arbeitete sie in Zürich, in Graz und zuletzt in Berlin, bevor sie schließlich fest nach Düsseldorf kam und sich im Schaupielhaus eine fruchtbare Wirkungsstätte auftat.

Was muss eine Rolle ausstrahlen, damit sie spannend ist? Lange überlegt sie. Tabea Bettin ist keine, aus der es spontan heraussprudelt. Sie nimmt sich Zeit und antwortet mit Bedacht. "Es muss eine Tiefe vorhanden sein, eine Daseinsberechtigung", sagt sie dann, "das Wissen um eine Geschichte und warum man sie erzählt." Manche Rollen seien wie Ausfahrten auf einer Autobahn. "Man findet oder verpasst sie. Das lässt sich üben, damit man sicher wird. Aber so funktioniert es nicht immer, etwa bei der Sprache von Jelinek. Da geht es nur übers Denken."

Wir sprechen über ihre mit den Jahren stark verblasste Kindheit in Schwerin und das Aufwachsen in Hamburg. "Meine Prägung war eindeutig westlich", sagt sie, "und doch fühle ich mich beiden Welten zugehörig. Das merke ich jedes Mal, wenn ich in den Osten komme. Dort hat es über viele Jahre eine andere Sozialisierung und Kultur gegeben, mit anderem Gedankengut und anderen Werten. Und nicht immer weiß ich, wie ich mich dann richtig verhalte." Tabea Bettin geht Dingen gern auf den Grund, die ihr seltsam erscheinen und deren Erklärung sich nicht sofort erschließen. Nicht zuletzt deshalb beschäftigt sie sich intensiv und gerne mit Statistiken und Zusammenhängen. "Ich finde es interessant, alle möglichen Sachen zu vermessen und meine Umgebung eher objektiv zu erfassen - jenseits davon, wie ich sie selber wahrnehme", sagt sie. Dabei ist mir klar, dass diese Neigung der Schauspielerei genau entgegensteht."

(RP)
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