Uraufführung beim Düsseldorf Festival Musiktheater über Mut während der Krise
Düsseldorf · „O ihr Menschen!“ verbindet beim Düsseldorf-Festival Beethovens „Heiligenstädter Testament“ mit heutigen Biografien. Der Johanneskirchen-Kantor Wolfgang Abendroth komponierte dazu ein Musiktheaterstück.
In einem Brief an seine Brüder schrieb Beethoven sich die Verzweiflung über seine zunehmende Ertaubung von der Seele. Der in Heiligenstadt bei Wien verfasste Text ist bekannt unter dem Titel „Heiligenstädter Testament“. Der Johanneskirchen-Kantor Wolfgang Abendroth komponierte anlässlich des vergangenen Beethoven-Jahres ein Musiktheaterstück mit dem Titel „O ihr Menschen!“ – ein Ausruf, der in Beethovens Brief vorkommt.
Das Heiligenstädter Testament bildet einen Prolog zur Vertonung von weiteren Texten, die die Schauspielerin und Autorin Maria Hartmann verfasst hat. Das Stück sollte ursprünglich im vergangenen Jahr uraufgeführt werden und wurde aufgrund der Corona-Pandemie verschoben.
In sechs Szenen, hinter der reale Biografien stecken, geht es allerdings nicht um Beethoven selbst als vielmehr um verschiedene Krisenmomente und Wendepunkte im Leben mehrerer Protagonisten. Die Komposition kommt ohne Beethoven-Zitate aus und entspringt ganz der Fantasie Wolfgang Abendroths. Beethoven und sein Heiligenstädter Testament liefern nur die Idee und den ersten Impuls.
„Wenn ich das Heiligenstädter Testament lese, empfinde ich es so, dass Beethoven kurz vor dem Suizid war“, sagt Wolfgang Abendroth. Das Entscheidende aber sei, dass sich Beethoven aus dieser Krise herausgekämpft habe. „Danach sind seine größten Werke entstanden.“ Mit dem Musiktheaterstück soll eine entsprechend positive Botschaft vermittelt werden.
Die erste Szene handelt von einer Frau namens Helen Keller, taubstumm und blind. „Mit 16 hat sie gelernt zu sprechen“, berichtet Abendroth. Sie sei Schriftstellerin geworden und Gewerkschafterin. Die Texte dieser Szene stammen teilweise von ihr selber. „Obwohl sie nie Blumen gesehen hat, konnte sie Poesie über sie schreiben.“
In einer weiteren Szene sieht man ein Ehepaar, Moltke, am absoluten Lebenstiefpunkt. Ort und Zeit: das Dritte Reich. Der Mann wird schließlich von den Nazis ermordet. Zuvor schreiben sich die christlich geprägten Eheleute Briefe, aus denen nun zitiert wird. „Er macht sich innerlich frei, um diesen Weg zu gehen“, schließt Abendroth aus der Brieflektüre.
Zu erleben sind sechs Szenen einschließlich eines heiteren Intermezzos: „Für immer verrückt“. Das sei eine Art Scherzo nach dem Traurigen, erläutert Wolfgang Abendroth. Traurigkeit stehe auch gar nicht im Zentrum. „Es ist ein Stück, das Mut machen soll.“ Die Uraufführung findet am Freitag, 5. November, 19.30 Uhr, in der Johanneskirche, Martin-Luther-Platz 39, statt. Weitere Termine: Samstag, 6. und Sonntag, 7. November, jeweils 18 Uhr.
Info www.duesseldorf-festival.de