Christiane Oxenfort "Wir sind ein Kulturfestival, kein Event"

Düsseldorf · Anderen Grundsätzen als Bayreuth oder Salzburg hat sich das "düsseldorf festival" verschrieben, das in diesem Jahr seine 25. Auflage erlebt. Ein Gespräch mit der Intendantin über Kommerz, Promifaktor und das Non-Profit-Unternehmen.

 Christiane Oxenfort zählt die Tage. Die Intendantin ist selbst Künstlerin und stemmt gemeinsam mit Andreas Dahmen das "düsseldorf festival".

Christiane Oxenfort zählt die Tage. Die Intendantin ist selbst Künstlerin und stemmt gemeinsam mit Andreas Dahmen das "düsseldorf festival".

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Noch vier Wochen und neun Tage dauert es bis zur Eröffnung des "düsseldorf festival", das zum 25. Mal aufgelegt wird. Noch stärker als vielleicht die Fans fiebern die Festivalmacher dem Ereignis entgegen. Andreas Dahmen und Christiane Oxenfort haben alle Künstler "unter Dach und Fach", die Verträge stehen. Alles läuft nach Maß. Im Interview spricht Christiane Oxenfort über die Vorzüge des aus dem Altstadtherbst erwachsenen Festivals, und warum es sich lohnt, dorthin zu gehen.

Alle Welt schaut nach Bayreuth und Salzburg - was hat Düsseldorf zu bieten, was die beiden Festspielstädte nicht haben?

Oxenfort Wir haben eine andere programmatische Ausrichtung und damit ein Alleinstellungsmerkmal. Wir bieten nicht traditionell Oper und Schauspiel, sondern wir bewegen uns in grenzüberschreitenden Genres, die zum Teil in Deutschland immer noch neu daherkommen.

Träumen Sie davon, dass die Promis von Rhein und Ruhr ins Zelt am Rhein kommen?

Oxenfort Ja, das ist wichtig. Wir laden zu unserer Eröffnung alljährlich rund 700 Multiplikatoren ein, darunter Politiker und Prominente aus der Stadt und aus dem Land Nordrhein-Westfalen. Die Düsseldorfer Politik, der Oberbürgermeister und die Institutsleiter kommen auch in alter Treue. Wir laden nie jemanden ein, der nur als Prominenter gehandelt wird und davon ausgeht, später in der Bunten oder Gala zu stehen. Sondern wir wenden uns an Leute, die sich für die künstlerischen Inhalte interessieren. Wir sind ein Kulturfestival und kein Event.

Wie wäre es mit Hannelore Kraft oder Ute Schäfer - haben Sie die Ministerpräsidentin und die Kulturministerin schon mal eingeladen?

Oxenfort Selbstverständlich laden wir beide immer ein. Frau Schäfer ist eine große Förderin unseres Festivals, konnte aber bisher nie dabeisein. Vielleicht klappt es ja in diesem Jahr. Und Frau Kraft war leider auch noch nicht da.

Meinem Eindruck nach hat sich in Düsseldorf eine Theatermüdigkeit breitgemacht. Tragen Sie Sorge, dass sich diese mir unverständliche Epidemie auch auf den Besuch Ihres Festivals ausbreiten könnte?

Oxenfort Nein. Ich glaube auch nicht, dass die Düsseldorfer theatermüde sind, sondern ich glaube, dass die Probleme mit den Intendantenwechseln entstanden sind.

Nennen Sie drei Gründe, warum man unbedingt bei den Veranstaltungen Ihres Festivals sein muss?

Oxenfort Weil man sich grundsätzlich im Leben von Neuem inspirieren lassen sollte. Und weil drei wichtige Dinge eine Rolle spielen: die Neugierde, das Staunen und das Glück.

Macht es das Preisgefüge auch Menschen mit kleinem Geldbeutel möglich, dabeizusein?

Oxenfort Ja. Denn wir haben ein Preisgefüge bei den Eintrittskarten, das vielfältige Ermäßigungen vorsieht, für Studenten, für Kinder mit Familienkarte und für Behinderte. Außerdem sind wir Partner der Düsseldorfer Kulturliste, die Karten an Bedürftige verteilt. Das ist unser soziales Engagement. Und das machen wir gerne.

Im vergangenen Jahr war das Orchester der Kinder, die auf aus Müll gebauten Instrumenten spielten, der Beitrag zur Völkerverständigung und der sozialen Empathie. Gibt es Ähnliches in diesem Jahr?

Oxenfort In diesem Jahr gibt es nicht speziell dasselbe Projekt, aber auch in den meisten anderen Produktionen werden solche Werte transportiert oder sie schwingen mit. ,Circa' etwa verbindet exemplarisch die Zirkuswelt mit der Welt der Oper. ,Il ritorno' behandelt im weitesten Sinne die Flüchtlingsproblematik, die fast alle Länder in Europa derzeit vor so große Aufgaben stellt.

Wie viel Rückenwind erhalten Sie von der Stadt?

Oxenfort Hoffentlich in Zukunft mehr! Wir werden zwar unterstützt. Aber tatsächlich brauchen wir mehr Geld.

Sie machen ein Festival, das privat finanziert ist und inhaltlich nicht für Mainstream steht, woher nehmen Sie in jedem Jahr aufs Neue den Mut?

Oxenfort Der Mut kommt aus einer Lebensentscheidung, die mein Festival-Partner Andreas Dahmen und ich vor mehr als 20 Jahren getroffen haben. Wir haben uns damals für die Kunst entschieden. Was uns antreibt, sind Inhalte und ist nicht das Geldverdienen. Reich können wir nicht werden, aber zufrieden. Wir sind schließlich ein Non-Profit-Unternehmen.

Und woher nehmen Sie das Geld?

Oxenfort Wir haben sehr sehr viele freundliche und großzügige Unterstützer, kleinere und größere Sponsore. Dazu bekommen wir Spenden und Stiftungsgelder, Zuschüsse von dem Land und von der Stadt. Dann haben wir die Erlöse aus dem Ticketverkauf und erhalten sehr viele Sachleistungen. Sogar die Bewachung und die Schlösser des Zeltes sind eine Sachgabe.

Was ist in diesem Jahr Ihr Geheimtipp?

Oxenfort Vieles läuft wie geschnitten Brot, aber andere ist noch zu entdecken. So möchte ich unbedingt empfehlen das Konzert der koreanischen Band Jambinai - es ist ein großartiger spannender Mix aus Rockmusik und Post-Punk verquickt mit koreanischer Tradition. Dieses Konzert wird vor allem ein richtiger guter Live-Act.

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(RP)
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