Liederabend mit Matthias Goerne Wie Ludwig van Beethoven das Kunstlied entdeckte

Düsseldorf · Beim Liederabend im Schumann-Saal des Kunstpalastes stand eine musikalische Form im Mittelpunkt, die Ludwig van Beethoven mitgeprägt hat: der Liederzyklus. Ausgewiesene Könner spielten die Stücke.

 Im Schumann-Saal finden wieder Konzerte statt.

Im Schumann-Saal finden wieder Konzerte statt.

Foto: Stefan Arendt

„An die ferne Geliebte“ von Ludwig van Beethoven ist so etwas wie der Urknall des Liederzyklus’. Schubert, Schumann und andere Romantiker orientierten sich mit ihren Liederkreisen an diesem Prototyp zusammenhängender Gedicht-Vertonungen. Zugleich ist die „Ferne Geliebte“ auch mit Abstand das Beste, was Beethoven für die Liedgattung komponiert hat. Dies wurde einmal mehr deutlich beim Klavierfestival Ruhr im Schumann-Saal. Bariton Matthias Goerne und Pianist Jan Lisiecki gaben einen reinen Beethoven-Liederabend.

Beim Hören des Recitals, auch mit einigen nicht ganz so populären Miniaturen Beethovens, konnte man zu dem Eindruck gelangen: Das Lied war eigentlich nicht seine Stärke. Nach Beethoven ist Lyrik noch deutlich packender und unkonventioneller vertont worden. Mit Goerne und Lisiecki gestalteten immerhin zwei ausgewiesene Könner ihres Metiers die Kurzwerke des Meisters großer Formen.

Dramaturgisch erwies es sich als klug, die „Ferne Geliebte“ an den Schluss zu setzen und damit eine Spannungskurve zu erzeugen. In dem Liedzyklus blühte nun auch Goernes Stimme am schönsten auf. Das Sehnsüchtige liegt dem Bariton. Er kann wunderbar Leises und Zwischentöne zum Klingen bringen. Die leidenschaftliche Schwärmerei anderer Lieder überzeugte weniger. Gefühlvoll aufgeladenes Forte klingt bei Goerne wie ein Donnerwetter, geradezu bedrohlich. Zum Beispiel könnte man sich die „Adelaide“ als ein Wesen vorstellen, das vor den ungestümen Zärtlichkeiten des Sängers lieber Reißaus nimmt. Düstere Melancholie wie in der Gellert-Vertonung „Vom Tode“ zeichnet Goerne dagegen mit feinster Tiefenschärfe.

Goernes Klavierbegleiter Lisiecki ist vor allem als virtuoser Solist bekannt. Die geschliffene, kraftvolle Art des Spiels und das Überangebot an Fingertechnik gab darauf klare Hinweise. Lisiecki spielte sich aber nicht in den Vordergrund, sondern begleitete mit perfektem Timing. Im wegen Corona luftig besetzen Saal gab es zahlreiche Bravorufe, belohnt mit zwei weiteren Beethoven-Liedern als Zugaben: darunter Mephistos satirisches „Flohlied“.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort