Marionetten-Theater Eine Schatzkiste mit 320.000 Euro für die Rettung

Großes Aufatmen im Marionetten-Theater. Der Spendenaufruf hatte Erfolg, die Zukunft der Bühne scheint gesichert. Bald kann umgebaut werden. Aber ganz ist die Gefahr nicht abgewendet.

 Die Marionetten bedanken sich bei den vielen Spendern.

Die Marionetten bedanken sich bei den vielen Spendern.

Foto: Theater

Diesmal klingt seine Stimme am Telefon ganz anders. Nicht mehr so deprimiert, sondern voller Hoffnung. Zum ersten Mal seit langer Zeit meldet sich Anton Bachleitner mit einer frohen Botschaft: "Der Umbau unseres Marionetten-Theaters ist finanziell gesichert, bald kann es losgehen!" Seine kleine Bühne habe sich durch zahlreiche Spenden an den eigenen Haaren aus dem Sumpf gezogen, sagt er. "Jetzt ist es an der Zeit, mich bei den Düsseldorfern für ihre grandiose Unterstützung zu bedanken. Sie sind die eigentlichen Stars, weil sie uns ihre Wertschätzung in einem unerwartet reichen Maß gezeigt haben." Dazu ließ er extra ein Foto machen, das die neue Situation illustriert: Eine Gruppe von Marionetten beugt sich über eine glitzernde Schatzkiste.

Das passt exakt zu seiner Stimmungslage. Noch immer ist Anton Bachleitner überwältigt von der Resonanz, die sein Spendenaufruf ‒ der auch in unserer Zeitung veröffentlicht wurde ‒ nach sich zog. Das Marionetten-Theater war in einer für die Kultur desolaten Situation gleich doppelt betroffen. Damit der Betrieb überhaupt wieder starten kann, unabhängig vom weiteren Verlauf der Pandemie, ist ein kompletter Umbau erforderlich. Für Klimatechnik, Heizung, Lärm- und Brandschutz müssen 420.000 Euro aufgewendet werden. Die Stadt hatte lediglich eine Summe von 100.000 Euro für die Maßnahmen zugesagt.

Doch woher sollte der große Rest kommen? Anton Bachleitner wandte sich an die Initiative "Neustart Kultur", landete aber in einer Sackgasse und klagt, er habe darüber Monate verloren. Ende Januar sah es aus, als gebe es für seine Bühne keine Perspektive mehr. Länger auf Rettung warten konnte er aber nicht, die Zukunft seines Lebenswerks stand auf dem Spiel.

Deshalb wurde der Leiter des renommierten Puppentheaters, dem einzigen in Deutschland, das auch für Erwachsene spielt, in Eigenregie aktiv. Anton Bachleitner griff nach dem vermeintlich letzten und einzigen Strohhalm: einem Spendenaufruf. Aber selbst in seinen kühnsten Träumen hätte er mit dem grandiosen Echo nie gerechnet. "Innerhalb von sechs Wochen konnten wir 200.000 Euro an Spenden verbuchen", berichtet er. "Die Hälfte der Summe setzt sich aus Einzelbeträgen von 415 Personen zusammen. Und dann erhielten wir auf einen Schlag unfassbare 100.000 Euro von dem Düsseldorfer Carl Siebel, einem 87-jährigen Unternehmer." Aus 2020 verfügte das Theater noch über angesparte Mittel von 90.000 Euro, hinzu kamen Zuwendungen aus dem Freundeskreis des Hauses.

"Alles zusammen führte dazu, dass wir der Stadt nun stattliche 320.000 Euro übergeben können", bilanziert er. "Ich gehe davon aus, dass sie uns auf den letzten Metern nicht im Stich lässt und ihre frühere Zusage, 100.000 Euro in den Umbau zu investieren, nach wie vor gilt. Mitte April tagt der Kulturausschuss, dann wird das alles besprochen."

Ein anderer bedeutsamer Schritt ist bereits vollzogen. Nach langen Verhandlungen legte die Stadtverwaltung die Bauherrenschaft mittlerweile in die Hände des Marionetten-Theaters. Das ermöglicht Anton Bachleitner und seinem Team eigenständige Planungen. Eine überlebenswichtige Strategie. Ein Privatunternehmen, so heißt es, könne einen derart umfangreichen Bau in der Pandemiekrise besser stemmen als die städtischen Behörden.

Der Theaterchef ist erleichtert, die neue Handlungsfreiheit hat er gut genutzt. Inzwischen sind die Vorbereitungen angelaufen. Architekt Ingo Höhn wurde mit der Bauleitung beauftragt, diverse Fachabteilungen haben mit der Planung begonnen. Neben den dringlichsten Anforderungen für einen Neustart sollen gleichzeitig noch weitere Renovierungsmaßnahmen im Saal durchgeführt werden, "damit wir in den kommenden Jahren unsere Ruhe haben".

In den Sommermonaten, so hofft Bachleitner, werde der Umbau dann zügig vorangehen. Allerdings könne nicht mit einer Aufnahme des Spielbetriebs vor Ende des Jahres gerechnet werden. Womit sich neue Probleme auftun: Was wird während dieser Zeit aus dem Theater, wenn es gänzlich ohne Einnahmen bleibt? Auch die personelle Struktur ist fragil. "Wir sind schon auf die Hälfte unserer Mitarbeiter geschrumpft", sagt Anton Bachleitner.

So selig er auch ist über das viele Geld durch die Spenden, ganz über den Berg ist sein Theater damit nicht, noch immer hängt es am seidenen Faden. Deshalb hat er vorsorglich einen Antrag auf Unterstützung beim Kulturausschuss eingereicht. Noch einmal wendet er sich dennoch an die Düsseldorfer. "Ich wage es kaum zu sagen, weil wir von ihnen schon so großzügig bedacht wurden. Aber wir sind dankbar für jede weitere Spende."

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