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Düsseldorf Die nächtliche Fete für Harry Heine

Düsseldorf · Eigentlich war die 2. Heine-Nacht am Wochenende zu Ehren des Düsseldorfer Promi-Sohnes nur eine Art Nachfeier, denn eigentlich hat Harry schon am 13. Dezember Geburtstag, seinen 216. übrigens.

 Heine-Nacht: Lesung von Heine-Preisträger Dzevad Karahasan im Palais Wittgenstein.

Heine-Nacht: Lesung von Heine-Preisträger Dzevad Karahasan im Palais Wittgenstein.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

So hatte die Berliner Sektion der Heine-Gesellschaft am Freitag vorgelegt mit einer Feierstunde gleich neben der Synagoge. Dass man in Düsseldorf jetzt ausgiebig Kunde davon bekam, verdanken wir dem ruhelosen Ruheständler und früheren wie langjährigen Heine-Instituts-Direktor Joseph A. Kruse. Der lebt in Berlin, durfte somit Augenzeuge des Spektakels werden und berichtete jetzt in der Düsseldorfer Heine-Nacht von einem Fest in drangvoller Enge.

Da schien manchem Heine-Freund die Furcht in die Glieder zu fahren vor allzu großer preußischer Konkurrenz. Die Sorge war unbegründet, denn die Berliner Verhältnisse sind mickrig: Gerade einmal 40 Leute hätten in den den kleinen Raum zur Geburtstagsfeier Platz gefunden.

Das ist in Düsseldorf anders: Ausverkauft war die von Heine-Chefin Sabine Brenner-Wilczek erfundene Nacht seit langem; 300 glückliche Kartenbesitzer tummelten sich zwischen Heine-Institut, Institut français und Palais Wittgenstein bei zwölf Veranstaltungen. Das ist natürlich alles gar nicht zu schaffen, dennoch gab es ein paar "Event-Hopper", die man daran erkannte, dass sie stets hinten in den Räumen standen und jeweils fünf Minuten vor Ende das Weite suchten, genauer: die nächste künstlerisch-literarische Darbietung. Diese Geburtstagsgäste jedenfalls konnten zum Schluss des Heine-Lieder-Programms nicht mehr mit Isabelle Kusari die Marseillaise anstimmen — als Verbundenheit mit der deutsch-französischen Freundschaft im allgemeinen und Heines Wahlheimat im besonderen.

Bei den Franzosen auf der anderen Straßenseite ging es gleich weiter mit der Tänzerin Soo Jin Yim-Heil, die zu Meeresrauschen und in einer Art Loreley-Gewandung ihren Heine als Grenzgänger körperlich interpretierte. Bei aller Anmut: Ein Klotz am Bein blieb, markiert mit einem derben schwarzen Schuh der Tänzerin. Die Sichtverhältnisse blieben der einzige Makel, da manches liegend getanzt wurde und ab Reihe vier kaum noch zu sehen war.

Auch Dzevad Karahasan ist gekommen, aus dem fernen Sarajewo. Am Nachmittag hatte der Träger der Heine-Ehrengabe gemeinsam mit Theaterchef und langjährigem Freund Wolfgang Weber Rheinufer und Innenstadt erkundet, am Abend las er aus seinem Roman "Nächtlicher Rat" die aufrührend spannende Auseinandersetzung eines Moslems mit der Schuld von Judas. Warum, so lässt er seine Roman-Figur fragen, war der Verrat überhaupt nötig? Die Passion hätte sich auch ohne ihn abgespielt, und die Wächter hätten Jesus auch ohne den Judas-Kuss erkannt. Eine quälende Frage mit überraschender Antwort: weil nur den Menschen die absolute Freiheit geschenkt wurde — und damit auch die Freiheit zu Verrat und Sünde. Der Verrat als Apologie menschlicher Freiheit.

Was noch? Reichlich andere künstlerische Zuckererbsen: wie die Heine-Videopräsentation der FH, wie das Heine-Kästner-Duett mit Ulrich Schütte, der gerockte Heine mit Matthias Fuhrmeister und, oh ja, die endlos spannende Geschichte von Heine und die Frauen mit Martin Waltz bis kurz vor Mitternacht. Es wurde in dieser Nacht auch viel gesungen, naheliegend bei Heine, dessen Popularität sich auch den Liedern verdankt. Mit 10 000 Vertonungen von 2500 Komponisten führt er die Musik-Charts deutscher Dichter mit Abstand an.

Schade, dass Heine nur einmal im Jahr Geburtstag habe, meinte Pierre Korzilius, Leiter des Institut français. Aber das könnte sich ja irgendwann ändern, sollte nämlich der tatsächliche Geburtstag von Harry Heine öffentlich werden, würde und wir in guter rheinischer Sitte auch den 13. Dezember beibehalten

(RP)
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