Düsseldorf Die Himmelsstürmer

Düsseldorf · Laura Catania und Thomas Artur Spallek haben ein Label gegründet: Auf "Heaven" sollen in Zukunft nur Platten von freischaffenden Künstlerinnen erscheinen, die auch Musik machen, aber nicht nur.

Der ursprüngliche Plan von Catania und Spallek war ein ganz anderer. Eigentlich wollten die beiden Kommunikationsdesigner nämlich eine Bar eröffnen. Inspiriert wurden sie dabei von einem Stück Musik aus dem Jahr 1980, einem Jahr, in dem weder Catania noch Spallek überhaupt geboren war. "Der Weg in die Ferne (Heaven)" heißt das Lied und stammt von Joachim Witt, der sich die Melodie wiederum von der US-Band Talking Heads geborgt hat.

"Die Bar Heaven ist in dem Song ein Synonym für die Erlösung von den eigentlichen Problemen", erklärt Laura Catania. Das gefiel ihr. "Gleich an unserer Ecke liegt eine Bar/Und diese Bar, diese Bar heißt Heaven/Sie klingt so schön englisch und jeder will rein/Doch nur jeder zehnte wird der Glückliche sein", singt Joachim Witt in dem Song.

Mit ganz viel Hall in der Stimme singt er das Lied. Und auch sehr sehnsüchtig. Umgesetzt haben Laura Catania und Thomas Spallek den Plan mit der Bar letzten Endes dann aber doch nicht. Stattdessen haben die beiden im vergangenen Sommer ein eigenes Label gegründet, das namentlich ebenfalls an die Bar aus dem Witt-Song angelehnt ist: Heaven.

Bei dem Label gehe es ihnen weder um hochklassigen Sound noch um ausgebildete Musiker, lässt Catania wissen. Das Spannende: Auf Heaven sollen ausschließlich die Werke freischaffender Künstlerinnen erscheinen, die neben Design, Kunst, Performance und anderen Disziplinen eben auch Musik machen.

Frauen und Kunst, das sei ein großes Thema, fügt Spallek hinzu. "Wir könnten natürlich jetzt den Gender-Topf aufmachen und uns über das Ungleichgewicht zwischen Frauen und Männern in der Kunstwelt echauffieren." Aber vielleicht reiche in dieser aufgeregten Debatte ja auch die Antwort, dass sie beide einfach große Frauen-Fans seien. "Und selbstverständlich supporten wir das, was wir lieben."

Die Platten aus dem Hause Heaven verstehen sich vor allem als Kunsteditionen. Die Auflage umfasst 200 Stück, nachgepresst wird nicht. "Das Ganze soll rar und besonders bleiben", sagt Catania. Die erste EP erschien Anfang Februar und wurde im Rahmen des Rundgangs an der Kunstakademie vorgestellt. Bei der Release-Party könnte es ähnlich ausgesehen haben, wie es Witt in dem Auslöser-Song beschreibt: "Die Stimmen sind lautlos im dichten Gewühl/Und manch einer weint still - verletztes Gefühl/Die Phonzahl bringt Stimmung in die Isolation /Es bilden sich Gruppen und die Nacht fliegt davon."

Das Heaven-Debüt enthält Klangschaffen von gleich drei Künstlerinnen: Nora Hansen, Alexandra Grübler und Sianéad Sullivan. Hansen hat an der Kunstakademie Düsseldorf studiert und in London zusammen mit Yoko Tsuno das Fashionlabel yoko x nora gegründet. Alexandra Grübler, die sich Baal & Mortimer nennt, studiert Kunst- und Literaturwissenschaften in Potsdam.

Sie hat bereits in zahlreichen wichtigen Kunstinstitutionen in Deutschland gearbeitet und ist musikalisch wie performativ in der Weltgeschichte unterwegs. Bliebe noch Sianéad Sullivan alias Sian Sull. Die Londonerin arbeitet in ihrer künstlerischen Praxis mit verschiedenen Identitäten und Medien. Mit Musik, Fotografie, Film und Performance.

Als Gestalter legen Catania und Spallek naturgemäß viel Wert auf die Optik. Die kommt im Fall von Heaven reduziert bis schlicht daher. Die Cover bleiben schwarz, auf der Rückseite sind lediglich die nötigsten Infos aufgelistet. Das Vinyl ist auf dem Label mit einem Stempel mit den Lettern Heaven versehen, mehr nicht. "Das Understatement ist haarklein durchdacht und spiegelt das Konzept unseres Labels wider", erklärt Catania. Das soll sich bei den noch kommenden Veröffentlichungen fortsetzen. Dabei geht es nicht um die Auflage und bei der Anzahl der Veröffentlichungen auch nicht um Masse. Weniger ist mehr, scheint also die Marschroute gen Himmel zu sein.

(RP)
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