Düsseldorf Der unermüdliche András Schiff

Düsseldorf · Riesenprogramm mit Bach und Mozart: Der ungarische Pianist spielte und dirigierte im Heinersdorff-Konzert in der Tonhalle.

An Forderungen, das Rentenalter vorzuverlegen oder die Wochenarbeitszeit zu verkürzen, dürfte András Schiff (64) sich wohl kaum beteiligen - jedenfalls dann nicht, wenn es um ihn selbst geht. So, wie man diesen Grandseigneur des Klavierspiels in der Tonhalle erleben durfte, fühlt er sich dann am wohlsten, wenn er mitten in Musik steckt, ihn die Musik zu immer neuen Taten animiert. Und jung hält.

Dazu passt, dass er in den sechs Werken, die das Programm umfasste, viermal als Solist auftrat. Wer allerdings befürchtete, dass er eine Ein-Mann Schau abziehen und sich in den Vordergrund spielen würde, sah sich bald eines Besseren belehrt. Auf Dirigenten-Posen verzichtet er völlig. Wenn Einsätze nötig sind, gibt er sie. Aber wild durch die Gegend gefuchtelt wird nicht. Die Verständigung mit dem Orchester erfolgt übers Hören und natürlich über die sorgfältige Einstudierung. Man spielt nicht das erste Mal zusammen und ist glänzend aufeinander eingespielt.

Das Orchester, die Cappella Andrea Barca, macht es ihm allerdings auch leicht. Sie entstand zwischen 1999 und 2005, um bei den Salzburger Mozartwochen alle Klavierkonzerte Mozarts aufzuführen. Schiff persönlich wählte die Musiker aus.

Als Solist hat er kein Problem damit, sich den Ruhm mit anderen zu teilen. Zwei Bach-Konzerte für zwei Klaviere und Orchester standen auf dem Programm. Sie entpuppten sich als Bearbeitungen, die der große Johann Sebastian von seinen beiden Doppelkonzerte für zwei Violinen sowie Violine und Oboe angefertigt hatte. Für das zweite Klavier wurde die junge, 1989 in Bochum geborene Schaghajegh Nosrati herangezogen. Allerdings: Ein erstes und zweites Klavier gab es nur im Sinne einer Aufzählung, nicht einer Hierarchie. Mal saß Schiff an der rechten, mal an der linken Tastatur. Das Zusammenspiel zwischen den Solisten untereinander und zwischen Solisten und Orchester verlief völlig problemlos. Herb und streng, aber nicht im geringsten steril klangen die schnellen Sätze, melodisch, aber nicht romantisiert die langsamen.

Zwischen beiden Bach-Konzerten hieß es "Nacht Musique". Die stammt von Mozart, hat allerdings mit der allgemein bekannten "Kleinen Nachtmusik" überhaupt nichts zu tun. Es ist eine Serenade mit melancholischem Touch für acht Bläser. Die sechs Holzbläser und zwei Hornisten des Orchesters verdienten sich ein Sonderlob. Weil Schiff wusste, dass sie keinen Dirigenten brauchten, hörte er sich ihren Beitrag lediglich interessiert an.

Zur Aufführung gelangten an diesem Abend nur Werke in c-Moll. Der Held, so eine saloppe Tonarten-Charakterisierung, siegt in Es-Dur und stirbt in c-Moll. Auf jeden Fall durchzog ein melancholischer Grundzug das Programm, auch im zweiten Teil. Wieder standen Bach und Mozart auf dem Programm, diesmal von anderem Zuschnitt. Bei Bach waren es zwei Ricercare aus dem "Musikalischen Opfer". Ricercar à 3 wurde äußerst sensibel von Schiff auf dem Klavier, Ricercar à 6 von den vorzüglichen Streichern gespielt.

Ein weiterer Genuss war Wolfgang Amadeus Mozarts Klavierkonzert KV 491. Technisch steht Meister Schiff ohnehin über den Anforderungen. Musikalisch kam das spielerische Element der Komposition ebenso zu seinem Recht wie das grüblerische.

Erschöpft war der glänzende Solist und zurückhaltende Leiter am Ende des offiziellen Abends offensichtlich immer noch nicht. Als Zugabe begnügte er sich nicht mit irgendeinem kleinen Schmankerl. Vielmehr, meinte er, sei nach einem reinen c-Moll-Abend auch mal die parallele Tonart Es-Dur an der Reihe. Das Stück sei leider überhaupt nicht fröhlich, habe aber sehr viel mit Düsseldorf zu tun. Sprach's und spielte noch Schumanns späte "Geistervariationen".

(RP)
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