Neuer Treffpunkt in Oberbilk Poesie aus dem Kunstkiosk

Die Schriftstellerin Vera Vorneweg öffnet ihren „Kunstkiosk“. Sie will Sprache an Orte bringen, wo man sie nicht vermutet. Erster Gast ist die Autorin Safiye Can.

 Vera Vorneweg, Barbetreiber Skotti und Moderatorin Judy Müller-Goldenstedt (v.l.n.r.).

Vera Vorneweg, Barbetreiber Skotti und Moderatorin Judy Müller-Goldenstedt (v.l.n.r.).

Foto: Markus Luigs

Am Freitag, den 13. Mai, wird die Düsseldorfer Schriftstellerin Vera Vorneweg ihren derzeitigen Aufenthalt im Künstlerdorf Schöppingen unterbrechen. Für einen Abend in der Bar Skottis in Oberbilk, den sie als Experiment bezeichnet. Dort erwartet sie mit Vorfreude und Spannung eine von ihr initiierte literarische Premiere. „Kunstkiosk“ hat sie ihr der konkreten Poesie gewidmetes Projekt benannt, das vom Kulturamt der Stadt gefördert wurde. Erster Gast der Reihe ist die Autorin Safiye Can aus Offenbach am Main. Sie schreibt Lyrik und Prosa, wurde mit namhaften Literaturpreisen ausgezeichnet, war Gastdozentin für Konkrete Poesie an der Bauhaus-Universität Weimar, der Universität Kassel und der Northern Arizona University in den USA.

Wie kam Vera Vorneweg auf diese Idee? „Durch meine im Vorjahr begonnenen Arbeiten im öffentlichen Raum“, antwortet sie. „Sprache dort zu manifestieren, wo man sie nicht vermutet.“ Dieser Gedanke flammte bei ihr während des Lockdowns auf, als mehr und mehr digitale Formate lanciert wurden. „Ich wollte etwas dagegensetzen und Literatur unmittelbar erlebbar und erfahrbar machen. Es geht ja immer darum, wo man als Schriftstellerin seine Nische im Schreibkosmos findet.“ Ihr erster gelungener Versuch, den Rollladen der Kneipe „Zum Blauen Bock“ in Eller mit Texten zu schmücken, inspirierte sie zu einem weitaus größeren Projekt in diesem Frühjahr. Wenige Tage nach Ausbruch des Ukraine-Krieges begann Vera Vorneweg damit, den Roman „Die Waffen nieder“ von Bertha von Suttner auf einen Wellblech-Container am Rheinufer zu schreiben. Sie schaffte 35 Seiten, bevor sie am 1. April nach Schöppingen reiste, wo sie bis Ende Juni dank eines Residenz-Stipendiums arbeiten darf. „Danach werde ich weitermachen“, hat sie sich vorgenommen, „so lange, bis ich den gesamten Roman vollendet habe.“ In der inspirierenden Atmosphäre des westfälischen Künstlerdorfs fand sie wieder zum eigenen Schreiben zurück. „Der Ukraine-Krieg hatte mir buchstäblich die Worte geraubt“, sagt die Mutter zweier Söhne. Ihre Familie nahm zwei Frauen und zwei Kinder aus der Ukraine auf. „Durch die physische Nähe zum Krieg konnten sich wochenlang keine poetischen Gedanken entfalten“, sagt Vera Vorneweg.

Auf der Suche nach Möglichkeiten, in einem überraschenden Umfeld Literatur zu bieten, entdeckte sie die Bar Skotti. 24 Stunden am Tag geöffnet, ist sie für Stammgäste, darunter überwiegend männliche, so etwas wie ein zweites Wohnzimmer. Dort einen Platz für Poesie zu schaffen, sei überaus reizvoll, sagt Vera Vorneweg. Nach Safiye Can hat sie am 19. August Gerhard Rühm eingeladen, 93 Jahre alt und Gründervater der konkreten Poesie, die sich durch einen spielerischen Umgang mit Sprache auszeichnet. Der Klang eines Wortes ist ebenso wichtig wie seine Bedeutung.

Info Kunstkiosk, Freitag, 13.Mai, 19 Uhr, Markenstraße 1, Eintritt frei

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