Düsseldorf Der erste Shakespeare nach Holm

Düsseldorf · Hausregisseurin Nora Schlocker bringt im Großen Haus die Komödie "Wie es euch gefällt" auf die Bühne. Alle Rollen werden von Männern gespielt. Die Proben standen unter dem Schock des plötzlichen Rücktritts von Intendant Holm.

 Hausregisseurin Nora Schlocker (29) im derzeit verwaisten Intendantenbüro des Schauspielhauses.

Hausregisseurin Nora Schlocker (29) im derzeit verwaisten Intendantenbüro des Schauspielhauses.

Foto: Hans-Juergen Bauer

Verwaist sieht es aus, das Intendantenbüro im Düsseldorfer Schauspielhaus. Nach dem plötzlichen Rücktritt von Staffan Valdemar Holm Ende November ist der Schreibtisch des Theaterleiters aus der Mitte des Zimmers verschwunden. Eine Leerstelle.

Trotzdem herrscht Betrieb im Intendantenzimmer: Der Geschäftsführer und Interimstheaterleiter Manfred Weber bittet an den großen Besprechungstisch. Hausregisseurin Nora Schlocker (29) und ihr Team sind gekommen. Am Samstag bringt Schlocker im Großen Haus ihren ersten Shakespeare auf die Bühne - und ihre erste Komödie: "Wie es euch gefällt". Der Intendanten-Rücktritt hat einen Schatten auf die Probenarbeit für diese Produktion geworfen, das gibt die Regisseurin freimütig zu. "Natürlich war das für uns alle ein Schock", sagt Schlocker, "wir haben auch Proben ausfallen lassen und darüber gesprochen, schließlich bin ich in Düsseldorf Hausregisseurin, da zieht man nicht einfach sein Projekt durch, egal wie sich das Ensemble fühlt."

Doch nach einer Phase der "Irritation und auch der Trauer" seien sie an einen Punkt gekommen, da sich ein Gefühl des Jetzt-erst-recht breitgemacht habe. Und das setze dann neue Energien frei. Zumal Schlocker ihren Shakespeare mit einem ungewöhnlichen Konzept angeht: Sie lässt alle acht Hauptfiguren dieser verwickelten Liebeskomödie von Männern verkörpern. So betont sie das Rollenspiel und damit das Wesen des Theaters. "Das Ritualhafte hat mich interessiert", sagt Schlocker, "nur im Theater sehen Menschen zu, wie Schauspieler eine Rolle annehmen - und vergessen es bestenfalls im Laufe des Stückes."

Indem Schlocker auch die weiblichen Rollen von Männern spielen lässt und dazu allen Darstellern mehrere Figuren überträgt, vergrößert sie die Differenz zwischen Darsteller und Rolle, kokettiert mit dem Gemachten jeder Inszenierung. Außerdem hat Schlocker alle Rollen mit Mitgliedern des Ensembles besetzt. "Das war mir wichtig, weil Düsseldorf sein Ensemble ja noch kennenlernen muss", sagt die Regisseurin. Dass sie bei der Probenarbeit die einzige Frau war, hat sie durchaus genossen. "Männer unter sich entwickeln eine eigene Dynamik", sagt Schlocker, "das hat mich überrascht und erfreut."

Wettstreit könne man in einem rein männlichen Ensemble beobachten, auch mimosenhafte Anwandlungen oder auch mal Machogehabe. In jedem Fall seien Schauspieler oft "schlauer als der Regisseur", und so habe sie sich auch auf das verlassen können, was die Darsteller von sich aus anbieten, etwa in puncto Komik. Denn zum ersten Mal eine Komödie zu inszenieren, davor hatte Schlocker durchaus Respekt. "Darum habe ich mir aber gerade diesen Shakespeare ausgesucht", sagt Schlocker, ",Wie es euch gefällt? ist ja eine murksige Komödie. Zwischendurch scheint Shakespeare der Stoff entglitten zu sein, aber er kann das Spiel nicht mehr anhalten."

Dieser Vorgang hat die Regisseurin gereizt. "Wir haben nach den Momenten gesucht, da die Figuren ihre Rollen überholen. Da tun sich dann viel existenziellere Konflikte auf", so Schlocker, und das sei das eigentlich Reizvolle. Schlocker hat sich auch für eine Komödie entschieden, weil der frühere Intendant Holm bereits zwei große Shakespeare-Dramen vorgelegt hat. Diese Arbeiten habe sie mit großer Anteilnahme gesehen, sagt Schlocker. "Aber wenn ich dann selbst inszeniere, darf ich nicht zu viel reflektieren, sonst kann ich mich nicht konzentrieren." Am Samstag geht sie also ihren eigenen Weg - und hofft, dass das Publikum ihm mit Vergnügen folgen kann.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort