Düsseldorf Der alte Haydn klingt überraschend jung

Düsseldorf · Beim "Düsseldorf Festival" entzückt das erste Kirchenkonzert unter Martin Fratz in der Andreaskirche.

Wie ein Fels in der Brandung des allfälligen Crossover nimmt sich beim diesjährigen Düsseldorf-Festival das Kirchenkonzert in St. Andreas aus. Traditionell beginnen seit Anbeginn die drei Altstadt-Kulturwochen in der prachtvollen Dominikaner-Kirche mit der prächtigen Akustik und dem gut ausgebildeten Chor.

Alles ist auch diesmal wie immer, sieht man vom neuen Sponsor Hausmann ab sowie vom Wetter, das so heiß und schwül Mitte September selten war. Auch die Qualität stimmt wieder, trotz hemdsärmeliger Musiker und einiger Intonationstrübungen der Singgemeinschaft, die indes den klimatischen Unbilden zuzuschreiben waren.

Martin Fratz, der den Andreaschor vor zwei Jahren als Nachfolger von Ulrich Brall übernommen hat, musiziert ausgesprochen lebendig, bevorzugt zügige Tempi, phrasiert luftig und temperamentvoll und vermittelt auch den Zuhörern den Spaß, den Singen machen kann. Diesmal stellte er Haydns große "Mariazeller Messe" Dvořáks Vertonung des lateinischen Messtextes, der Messe in D-Dur, gegenüber. Klassisch formvollendet, garniert mit entzückenden Ungehörigkeiten und überraschenden Stimmungswechseln - so gibt sich Haydn in seiner einzigen Missa solemnis. Gefällig und höfisch zugleich lösen sich massive Chorpassagen mit Einwürfen der Solisten ab, das Osanna in excelsis stürmt mit Pauken, Chor und Quartett daher, die "Dona nobis pacem"-Fuge endet sehr bewegt und bewegend.

Dvořák taucht den gleichen Text in volkstümlich-andächtigere Farben. Im vorzüglichen Orchester verströmen jetzt auch Blechbläser warmen Glanz, die Bratschen haben viel zu tun, und der Chor muss auch mal empfindlich a cappella einfallen. Das alles gelingt prima, auch wenn gegen Ende Fratz häufiger die Linke erhebt, als solle ein Vögelchen Platz nehmen, später ist es auch mal der erhobene Zeigefinger. Der Chor zeigt satte, gut durchgehörte Farben, klingt trotz Tenormangels ausgewogen, kann sogar strahlen.

Unter den Solisten ragt Anke Krabbe mit ihrem anbetungswürdigen Sopran heraus, trotz mehr als solider Leistungen von Katharina von Bülow, Wolfgang Klose (Tenor) und Sebastian Klein. Ein wunderbarer Kirchenmusik-Abend, in den als Füller Stephan Hinkel zehn Minuten César Franck mit Schwellwerk und erlösendem Dur-Schluss einbringt und der mit einem frisch musizierten "Halleluja" aus dem "Messias" ins reinigende Gewitter entlässt.

(RP)
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