Konzert beim Düsseldorf Festival Freiheit, schöner Götterfunken
Düsseldorf · Improvisieren, was das Zeug hält: Das großartige Stegreif-Orchester trat beim Düsseldorf Festival auf.
Ob sich nackte Füße auf den Klang einer Geige oder eines Fagotts auswirken, sei mal dahingestellt. Die Musiker vom Stegreif-Orchester verstehen diese Art des Auftritts jedenfalls als Akt der Freiheit, der ihrer Art des Musizierens wesentlich erscheint. Und da kommt ihnen Beethoven in seinem Geburtsjahr gerade recht, der just und ausdrücklich in der Neunten die Ideale der Französischen Revolution vertont und eine Ikone aller Freiheitsliebender geschaffen hat.
Nun ist die Gruppe von rund 30 Musikern, die sich als „The Improvising Symphony Orchestra“ begreift, wegen ihrer besonderen Art der Klassik-Crossover-Performance zum Düsseldorf Festival geladen worden. Im Gepäck für die Mitsubishi Electric Halle haben sie #bfree – als Uraufführung. Es ist hr erstes Konzert nach dem Lockdown.
Es entspinnt sich ein rund 80-minütiges Spiel, das einen Großteil seiner Freiheit aus den Beschränkungen gewinnt, die Corona unserer Zeit auferlegt. Die Musiker tragen Masken wie Bankräuber oder zum Richtplatz Geführte, als sie die Bühnenkonstruktion besteigen, die bedauerlich weit vom vereinzelten Publikum in die Popkonzerthalle gebaut ist. Zu den Hornquinten des Beginns sind die kopfumschlingenden Tücher schon um den Hals der Spieler gewandert, später sind sie Augenbinden (Justitia), Stirnbänder (Freiheitssymbol Korsikas), in den Himmel ragende Wimpel an Geigenbögen.
Arme recken gen Himmel, samt der Instrumente. Immer wieder rutscht Beethoven ins Volkstümliche, was die auswendig Musizierenden außerordentlich versiert hinbekommen. Tango und Liebeslied, alle Vögel sind schon da, der Mond ist aufgegangen, Posaunen-Jazz im Stil Nils Landgrens – all das findet hinein und hinaus in Beethovens „Europa-Sinfonie“.
„Freude, schöner Götterfunken“ wird gemeinschaftlich gesummt. Das ist witzig, ernst, frech und ein bisschen gewollt zugleich. Die Klimaanalage rauscht, die Jungs am Mischpult schlafen manchmal. Aber mitreißend und originell ist diese Beethoven-Dekonstruktion allemal. Ovationen.