Düsseldorf Das Jacobihaus soll Künstlertreff werden

Düsseldorf · Heute startet die neue Reihe "Jacobi Event" im Haus hinter dem Künstlerverein Malkasten. Wie zu Goethes Zeiten sollen Künstler und Besucher miteinander ins Gespräch kommen. Das ist Salonkultur für unsere Zeit.

 Melanie Richter und Robert Hartmann im Jacobihaus.

Melanie Richter und Robert Hartmann im Jacobihaus.

Foto: Andreas Endermann

"Wir gelangten nach Düsseldorf und von da nach Pempelfort, dem angenehmsten und heitersten Aufenthalt, wo ein geräumiges Wohngebäude, an weite wohlunterhaltende Gärten stoßend, einen sinnigen und sittigen Kreis versammelte." So erlebte Johann Wolfgang von Goethe im Jahr 1774 den Landsitz des Philosophen Friedrich Heinrich Jacobi. Damals lag das Jacobihaus vor den Toren der Stadt, die Düssel floss wie heute direkt vor der Tür vorbei.

Jetzt geht man links am repräsentativen Hauptgebäude des Malkastens vorbei durch ein Gittertor, überquert ein kleines Brückchen und betritt eine andere Welt — den Kern des ehemaligen Familiensitzes: Der Fußboden ist aus Marmor, die Tapete gestreift, das Treppenhaus geschnitzt. Zwei Biedermeier-Sesselchen stehen vor dem Kamin der Bibliothek. Der Spiegel mit dem vergoldeten Rahmen hat im Lauf der Jahrhunderte blinde Stellen bekommen. Ob sich schon Goethe darin betrachten konnte, als er den Salon Jacobis besuchte?

Die Kristall-Lüster, die von der Decke hängen, haben als stumme Zeugen jedenfalls unzählige Zusammenkünfte mit illustren Gästen erleuchtet: Neben Goethe (nach dem auch ein Zimmer im Haus benannt wurde) kamen auch Christoph Martin Wieland, Johann Gottfried Herder sowie die Gebrüder Humboldt. 1861 nahm der Künstlerverein Malkasten einen Kredit auf, um das Jacobische Anwesen zu erwerben — und führt die Tradition der intimen Zusammenkünfte in anderer Zusammensetzung bis heute fort.

Seit letztem Herbst trifft man sich dort auch wieder in der J.B.'s Bar, die Claus Föttinger mit Fotos von Joseph Beuys als begehbares Erinnerungs-Kunstwerk gestaltete. Zu den regelmäßigen Ausstellungen, Vorträgen und Kamingesprächen der Mitglieder, immer dienstags, ist jüngst eine neue Veranstaltungsreihe in den historischen Räumen hinzugekommen: Jacobi Event. "Damit bieten wir eine Plattform für experimentell ausgerichtete, interdisziplinäre Begegnungen", sagt Malerin Melanie Richter.

Zusammen mit dem Malkasten-Vorsitzenden Robert Hartmann entwickelte sie die Idee, die ungewöhnliche "Brückenschläge" zur Folge hat: Musiker, Maler, Bildhauer und Video-Künstler treffen aufeinander und planen gemeinsame Auftritte, elektroakustische Performances und frei improvisierte Chorgesänge wechseln sich mit den zarten Klängen ab, die der Mongole Fu-Zhu Meng seiner langhalsigen Pferdegeige entlockt.

"Die Bandbreite der Veranstaltungen spiegelt die verschiedenen Genres innerhalb der Kunst wider, die heute meist wenig miteinander zu tun haben", sagt Robert Hartmann. "Im 19. Jahrhundert war das noch anders — da wurden Architekten und Schauspieler selbstverständlich Mitglieder im Malkastenverein." An diese Tradition will man wieder anknüpfen und Dialoge in der Club-Atmosphäre des ehemaligen Philosophen-Wohnhauses anbahnen, auch zwischen den Künstlergenerationen. Organisatorin Melanie Richter orientiert sich an Themen, die in der Künstlerschaft diskutiert werden — und nicht nur dort: So zeigt Medienkünstler Kanjo Také seine Installation "Fukushima", die Animation einer verheerende Überschwemmungskatastrophe.

Einen Etat gibt es nur für die Projekte selbst — die Künstler arbeiten ehrenamtlich und heißen die Bürger bei ihren Begegnungen willkommen. "Demnächst laden wir die neue Landeskonservatorin von NRW, Andrea Pufke, ein — und den Kölner Dombaumeister Michael Hauck. Mal sehen, ob er weiß, dass die Bildhauerklassen an der Düsseldorfer Kunstakademie nur gegründet wurden, um frühere Mitarbeiter der Dombauhütte künstlerisch auszubilden", sagt Hartmann augenzwinkernd beim Blick in die Zukunft.

Zu den Treffen serviert die Malkastengastronomie übrigens gern Deftiges: So bekommt man nach einem Gitarrenkonzert auch schon mal Sauerkraut mit Kartoffelpüree auf den Teller. Und in der J.B.'s Bar gleich nebenan werden Sekt-Cocktails gemixt. Auch eine Art von interdisziplinärer Arbeit.

(RP)
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