Buchvorstellung im Düsseldorfer Behrensbau Eine Grafic Novel über den deutschen Herbst

Düsseldorf · Jennifer Daniel und Matthias Wieland stellten im Behrensbau ein spannendes Buch mit Illustrationen zur ersten RAF-Generation vor: „Das Gutachten“.

 Matthias Wieland und  Illustratorin Jennifer Daniel mit ihrer Graphic Novel „Das Gutachten“.

Matthias Wieland und Illustratorin Jennifer Daniel mit ihrer Graphic Novel „Das Gutachten“.

Foto: Anne Orthen (orth)

Eigentlich geht es eher um den Vorabend des deutschen Herbstes in Bonn, im Juli 1977. Die erste Generation der RAF befindet sich im Gefängnis von Stuttgart-Stammheim im Hungerstreik. Noch haben sie viele Sympathisanten in der Bevölkerung, vor allem unter den Studierenden. „Das änderte sich als die nächste Generation Terroristen immer brutaler vorging“, weiß Jennifer Daniel.

Die Illustratorin nahm diese Gemengelage als einen der Ausgangspunkte für ihre Geschichte „Das Gutachten“. Eine Grafic Novel, die ihre kreativen Wurzeln mehr in der Illustration als im klassischen Comic Strip hat. „Ich wollte davon erzählen, in welchem Zustand die Gesellschaft damals war, als die Jugend der traumatisierten Kriegsgeneration begann, unbequeme Fragen zu stellen“, fasst die gebürtige Bonnerin zusammen. Inspiriert haben sie alte Bilder ihres Großvaters. „Er war dokumentierender Fotograf in der Rechtsmedizin damals“, sagt sie. Er stand gewissermaßen Pate für ihre Hauptfigur Herr Martin, der den gleichen Beruf wie ihr Opa hat und nach einer Feier im Bonner Kanzleramt seinen betrunkenen Chef nach Hause fährt. Am nächsten Morgen liegt ein Unfallopfer auf dem Seziertisch der Rechtsmedizin. Eine RAF-Sympathisantin, wie das Publikum erfährt, die nach einer fehlgeschlagenen Protestaktion gegen die Inhaftierung von Baader, Ensslin & Co bei einem Autounfall getötet wurde.

„Das Gutachten“ ist Krimi und Sittenbild einer Gesellschaft, die am Vorabend des deutschen Herbstes mit Schleyer-Ermordung und Entführung der Lufthansa-Maschine „Landshut“ nach Mogadischu steht. „Ich habe sehr viel recherchiert“, sagt Jennifer Daniel im Gespräch mit Matthias Wieland. Das heißt: Von der Idee bis zur Fertigstellung seien rund fünf Jahre vergangen.

Gemeinsam lesen die beiden Ausschnitte aus „Das Gutachten“. Während vor allem Wieland den männlichen Protagonisten verschiedene Stimmen verleiht, werden die passenden Szenen auf eine Leinwand hinter den beiden projiziert. Unterstrichen wird die Lesung mit Geräuschen und Musik. Damit bekommen selbst Comic-Muffel einen ganz neuen Zugang zu einem Medium, das viele vor allem aus Kindertagen kennen.

Daniel wollte in ihrem Buch eigentlich einen alten Schlager von Willy Schneider zitieren. „Leider haben wir die Rechte dafür nicht bekommen“, bedauert sie. Aber wozu Schneider bemühen, wenn man auch einen Wieland haben kann? Matthias Wieland schrieb zuerst einen passenden Schlagertext fürs Buch und dann? „Tja dann brauchten wir auch die Musik für unsere Lesung“, schmunzelt Jennifer Daniel. So komponierte Wieland auch eine Melodie dazu. Die klingt, soviel darf verraten werden – wenn man es nicht weiß – ganz so, als sei das Lied tatsächlich in den 70ern entstanden.

Ob es eine Fortsetzung gibt? „Kann ich mir vorstellen, aber ich werde dann wohl mehr weibliche Perspektive einbringen“, überlegt die Autorin und Illustratorin laut und verspricht, „es in unter drei Jahren bis zur Fertigstellung“ zu schaffen.

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