Lesung Autor Grünbein und Kritiker Jocks reden aneinander vorbei

Düsseldorf · Bei ihrem Gespräch im Rahmen einer Ausstellung springen die beiden Essayisten thematisch immer wieder. Der Dialog ist daher schwerer zu verfolgen und verfehlt dabei das Thema der Veranstaltung.

 Der Dichter und Büchner-Preisträger Durs Grünbein.

Der Dichter und Büchner-Preisträger Durs Grünbein.

Foto: dpa/Dietrich Flechtner

Der Start ist holprig. Mit 20 Minuten Verzögerung beginnt das Gespräch von Durs Grünbein und Heinz-Norbert Jocks in der Filmwerkstatt Düsseldorf. Der Ort des Dialogs zwischen dem Lyriker und dem Kunstkritiker ist gleichsam der Anlass für das Event: Das Studio der Filmwerkstatt ist aktuell zu einer Ausstellung umgestaltet. Und in dieser raumgreifenden Installation mit dem Namen „Handgepäck“, deren Elemente nun teilweise den Stühlen für das Publikum weichen mussten, sind die Reihen voll besetzt. So voll, wie es in Zeiten von Corona eben möglich ist. Wegen der großen Nachfrage wurde sogar ein Livestream eingerichtet.

Doch nicht die Verspätung macht den Start in das fast zweistündige Gespräch der beiden Essayisten holprig. Es ist die Tatsache, dass sie nicht recht zueinander finden und teilweise sogar aneinander vorbeireden. Dabei ist es nicht ihr erstes Aufeinandertreffen. 2001 erschien in der Reihe „Dialog – Kunst – Literatur“ von Jocks bereits ein Buch zu einem Gespräch, dass der Kunstkritiker mit Grünbein geführt hat. Das Thema: das Verhältnis von Kunst und Literatur. Und auch darum soll es bei dieser Lesung gehen. Doch zu diesem Thema gelangen die Gesprächspartner nur schwer.

Zum Start des Dialogs behält Grünbein zunächst seine Mund-Nasen-Abdeckung auf. „Das sollte ein Zeichen sein“, erklärt er. Denn man müsse immer einen Mundschutz tragen, während für ihn gleichzeitig das Sprechen das Wichtigste ist. Erst dann geht er auf die Frage ein. Kurz danach erklärt Grünbein, dass er als Lyriker vorgestellt wird, sich aber als Dichter verstehe. Gesprächspotenzial bieten Aussagen Grünbeins, dass er alles durch „das Prisma der Poesie“ sehe und aufspalte. Kurze Zeit später wird dann aber wiederum Grünbeins Vergangenheit als Performer in der DDR zum Thema. Erst nach einer halben Stunde versucht Jocks „den Sprung“ zum „eigentlichen Thema“ – und Grünbein unterbricht ihn in seiner Frage. „Du vermutest eine Frage, die ich nicht stellen wollte“, sagt Jocks und probiert es erneut.

Im weiteren Verlauf wird das Gespräch flüssiger, strukturierter. Es geht etwa um die Frage, was sich verändert, wenn etwas durch die Sprache der Malerei oder die Sprache der Poesie ausgedrückt wird. Oder darum, wie man zur Selbstreflexion kommt – nur durch ein Gegenüber, das anders tickt, so Jocks. Weiter thematisieren Grünbein und Jocks die „Subjektivierung einer kollektiven Sprache“ für das eigene Schaffen, sprechen über persönliche Stile sowie die Arbeitsweise eines Künstlers und was er erreichen möchte. Auch die Politik thematisieren die beiden Lyriker. Sie wird zum kurzen Streitthema. Auch weil Grünbein und Jocks erneut aneinander vorbeireden.

Abrupt endet das Gespräch – „wir könnten bis 2 Uhr morgens hier sitzen“, sagt Jocks, der sich das gesamte Gespräch über Notizen gemacht hat: sein „Wirrwarr von Fragen“. Der Anlass der Veranstaltung, die Ausstellung „Handgepäck“, findet allerdings keine Erwähnung im Gespräch. Früher hätte man gesagt: Thema verfehlt.

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