Ausstellung von Nora Turato Nichts als Worte bei Philara

Düsseldorf · Das Museum widmet der erst 29-jährigen Künstlerin Nora Turato eine beeindruckende Ausstellung.

 Blick in die Ausstellung der kroatischen Künstlerin Nora Turato in der Sammlung Philara in Flingern.

Blick in die Ausstellung der kroatischen Künstlerin Nora Turato in der Sammlung Philara in Flingern.

Foto: Paul Schöpfer

Ein Getöse aus Wörtern begrüßt die Besucher in der Sammlung Philara. Hoch oben hängen drei Bildschirme über die Schlagwörter laufen, gelesen von der kroatischen Künstlerin Nora Turato. Kulturbegriffe, den Tod der Eltern von Disney-Charakteren und Internetphänomene behandelt sie in einem Stakkato-artigen Vorlesestil. Dazu blitzen die Wörter auf.

Diese drei Arbeiten in der neuen Ausstellung mit dem Titel „what do you make of this? did you make this up?“ zeigen, um was es der erst 29-Jährigen in ihrer Kunst geht: um Stimme, Typographie und Sprache. Die Wände der Sammlung hat sie folgerichtig mit großflächigen Phrasen bemalt. Die große Halle der Sammlung Philara schmückt bereits seit dem Sommer eine 16 mal 6 Meter große Arbeit.

Die Keimzelle von Nora Turatos Werken liegt in der Verwendung von Sprache. In Videos, skulpturalen Installationen, Büchern, Wandgemälden und Spoken-Word-Performances überlagert sie phonetische, semantische sowie bildliche Qualitäten von Sprache.

Sinnbildlich für ihre Herangehensweise sind große Emailleschilder: In verschiedenen Schriften stehen dort Sätze, die sie aus Chats mit Freunden, Instagram, Presseartikeln oder Werbebotschaften zieht. Ein Sammelsurium der aktuellen englischen Internetsprache ist das – vereinfacht, mit Rechtschreibfehlern, ohne Großbuchstaben und Kommas. Was die Künstlerin tagtäglich umgibt, fließt auch in ihre Arbeit ein. Gleichermaßen bettet sie politische Aussagen wie Kardashian-Zitate in ihr Konglomerat ein.

Nora Turato kanalisiert so die Auswürfe unserer Smartphones, wobei sie die Flüchtigkeit von Inhalten nachvollziehbar macht und die ursprüngliche Macht von Sprache und den Verlust dieser Fähigkeit akzentuiert. Sie porträtiert ein Zeitalter, in dem Sprache von ihrer informativen Funktion zum deformativen Getöse geworden ist. Dabei wird der Betrachter aber auch darauf hingewiesen, nicht jedes Zitat für wahr zu erachten. So hebt sie immer wieder Texte mit einem Kasten, wie man ihn auf Zigarettenschachteln findet, hervor. Oder sie streicht einzelne Sätze mit großem Gestus durch.

Neben dem gezielten Einsatz und Umgang mit Typographiekonnotationen, verwendet Turato auch ihre Handschrift als maßgebendes künstlerisches Element. Dieses Konzept spielt mit der romantischen Idee der Autorenschaft der Künstlerin. Die Handschrift bildet ein persönliches, visuelles Signum, welches im digitalen Schriftverkehr zu verschwinden droht. Das Interesse für Typographie und grafisches Arbeiten ergibt sich auch aus Turatos Lebensweg. Aufgewachsen ist die 1991 geborene Künstlerin in Zagreb. Zunächst studierte sie Grafik an der Gerrit Rietveld Academie in Amsterdam, gefolgt von einem Master an der „Werkplaats Typografie“ in Arnheim. Erst danach folgte ein Kunststudium an der Rijksakadmie van Beeldende Kunsten in Amsterdam.

So wirr wie das Gekritzel auf den ersten Blick wirkt, so durchdacht sind die Arbeiten im Hinblick auf den Kunstmarkt und ihre Archivierbarkeit. Denn vieles, was bei Philara hängt, sind Ausarbeitungen von Performances der Künstlerin. Schließlich lassen sich Videoaufnahmen der Auftritte nicht so gut verkaufen wie großflächige Emailleschilder. Flachware nennt der Kunstmarkt das, bezahlt wird nach Quadratmeterpreisen. Eben jene Flachware ist auf dem Kunstmarkt weiterhin maßgebend.

In der internationalen Kunstszene macht sich Turato gerade einen Namen. Demnächst tritt sie mit einer Performance im Pariser Centre Pompidou auf, danach folgt das Museum of Modern Art in New York. Zur Finissage kommt Turato noch einmal in die Sammlung Philara. Am 26. April wird sie dort eine ihrer Performances geben.

Info Sammlung Philara, Birkenstraße 47 a. Die Ausstellung läuft noch bis zum 26. April. Öffnungszeiten: Freitag, 16 bis 20 Uhr, Samstag und Sonntag, 14 bis 18 Uhr. Eintritt: zehn, ermäßigt fünf Euro

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