Ausstellung „Digital Overload“ in Düsseldorf An der Sprühdüse vorbei in die Zukunft

„Digital Overload“ ist das Motto der sehenswerten Ausstellung zum Festival „Die Digitale“.

 Szene aus dem Kurzfilm „Merger“ von Keiichi Matsuda.   Foto: Die Digitale

Szene aus dem Kurzfilm „Merger“ von Keiichi Matsuda. Foto: Die Digitale

Foto: Keiichi Matsuda

Auf der Ronsdorfer Straße ist der Jetzt-Zustand der digitalen Welt zu besichtigen, vielleicht auch ihre angstmachende Zukunft. Im Rahmen des großen Festivals „Die Digitale“, das an weit über 20 Standorten noch bis zum 16. November stattfindet, gibt es auch eine sehenswerte Gruppenausstellung im Weltkunstzimmer. „Digital Overload“ wurde kuratiert von Maria Wildeis, in Zusammenarbeit mit Werner Pillig und Peter Witt, den künstlerischen Leitern des Festivals. Zugang zu den Video-Installationen in den Räumen der ehemaligen Fabrik erhält man nur durch eine Sicherheitsschleuse, wie am Flughafen. Dort wird man nicht nur mit allen Körperdaten erfasst, sondern eine kleine Sprühdüse sorgt für ein persönliches Feuchtgebiet.

„Es scheint, als hätten die Menschen das Spiel bereits verloren“, schreibt Maria Wildeis im Beiheft zur Ausstellung. „Während wir noch meinen, wir nutzen das Internet für unsere Zwecke, so nutzen längst die Algorithmen, die es bedienen, diese Daten, um sie für ihre Zwecke weiter zu verarbeiten.“

Hierzu passt die Installation und Performance von Marta Revuelta „AI facial profiling, levels of paranoia“. Das englische Kürzel steht für ein deutsches: „AI“ bedeutet „KI“, also Künstliche Intelligenz. Inspiriert von Überwachungssystemen mit ihren psychometrischen Erkenntnissen behaupten diverse Unternehmen, dass sie aus Gesichtsstrukturen die Muster von verdächtigen Persönlichkeiten herauslesen können. Auf die Begrenztheit der künstlichen Intelligenz und deren Überschätzung durch die Nutzer weist Yvonne Klasens „I am not available“ hin. Sie spielt die automatisch generierbare Abwesenheitsnotiz zweier Emailprogramme in einer Endlosschleife gegeneinander aus.

Einen anderen Blick auf die digitale Welt wirft die Rotterdamer Künstlerin Heidi Hörsturz. Mit ihren farbenfrohen Visuals, Manga-Figuren und Strobo-Flickern, bei gleichzeitig laufender elektronischer Musik, setzt sie den Besucher einer Überstimulation von Reizen aus, wie er sie auch in den Medien und in der Werbung erlebt.

Hinter der Wandarbeit „Godwin’s Law in Global Scale“ schließlich steckt die Kunstfigur Florian Kuhlmann. Sie wird seit 2006 von der Düsseldorferin Julia Vanishtor kontinuierlich weiterentwickelt. Der Titel des Werks geht von der These aus, dass sich im Verlauf längerer Netz-Diskussionen die Wahrscheinlichkeit erhöht, Sachverhalte oder Personen mit Nazis oder Hitler in Beziehung zu setzen.

Spannend anzusehen ist ebenfalls „merger“, ein 360°-Video von Keiichi Matsuda. Es ist ein Kurzfilm über die Zukunft der Arbeit. Weil die Automatisierung herkömmliche Traditionen in der Arbeitswelt durchbricht, müssen die Menschen Arbeitsleistungen stets auf neue Weise nachweisen. Scheitern gilt nicht, vielmehr werden die überleben, die sich dem Fortschritt der Technologie anpassen.

Die äußerst vielfältige Ausstellung mit ihren 30 Exponaten ist an Wochenenden geöffnet. Parallel hierzu und noch bis März nächsten Jahres gibt es „The Wrong Biennale“, eine globale Veranstaltung für digitale Kunst. Sie findet gleichzeitig auf der ganzen Welt an den unterschiedlichsten Orten statt, darunter auch Botschaften vieler Länder der nördlichen Hemisphäre.

Info Weltkunstzimmer, Samstag, 16 November, 16 bis 22 Uhr. (Eintritt frei)

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