Düsseldorf Aus der Erlebniswelt der Flakhelfer-Generation

Düsseldorf · Verleger Manfred Droste über die letzten Kriegsjahre und die Aufbruchstimmung in der frühen Nachkriegszeit.

Warum lacht ein junger deutscher Soldat, als ihn ein amerikanischer Soldat bei der Gefangennahme mit dem Gewehrkolben schlägt? Weil, so erzählt es Manfred Droste, er weiß, dass er das Kriegs-Inferno lebend überstanden hat. Droste, Jahrzehnte lang Chef des von seinem Vater gegründeten Droste-Verlags, heute auch einer der Herausgeber der "Rheinischen Post", ließ in der Mahn- und Gedenkstätte die letzten Kriegs- und die ersten Jahre der Nachkriegszeit in persönlichen Erlebnissen lebendig werden.

Die Geschichte seines Verlages, der Zeitung "Der Mittag", der wichtigen Buch-Veröffentlichungen von Allan Bullocks "Hitler. Eine Studie über Tyrannei" bis hin zu Fritz Fischers "Griff nach der Weltmacht" (über den Ersten Weltkrieg) trat dagegen in den Hintergrund - krankheitshalber. Der Historiker Peter Henkel, der das Gespräch mit Droste geplant hatte, war erkältet und hatte seine Stimme verloren. Für ihn sprang Hildegard Jacobs ein, die stellvertretende Leiterin der Mahn- und Gedenkstätte, die Themen der dort zur Zeit ausgestellten Fotos von Hans Berben aufgriff. Ihre Fragen rückten die persönlichen Erlebnisse des Verlegers in den Mittelpunkt des Abends .

Droste war 16 Jahre alt, als er in den Krieg zog - ziehen musste, als so genannter Flakhelfer. Das waren Jungen, die an Flieger-Abwehr-Kanonen eingesetzt wurden, mit denen die Luftangriffe der Alliierten auf deutsche Städte erschwert werden sollten. Droste sah, wie Friedrichshafen am Bodensee in Schutt und Asche gelegt wurde. Später wurde er regulärer Soldat an der Weser eingesetzt, bewaffnet nur mit einer Panzerfaust, die er auf eine Mauer abschoss, als auf , als ein amerikanischer Soldat auf ihn zielte. Im Schutz von Staub und Krach konnte er eine Hecke erreichen, in der er Deckung fand. Es folgten die Gefangennahme (mit Gewehrkolben), ein halbes Jahr Kriegsgefangenschaft in Cherbourg und die Rückkehr nach Düsseldorf.

Dort war das Haus der Eltern von den Briten beschlagnahmt. Vater Heinrich Droste, der 1920 den "Mittag" begründet hatte, bekam keine Lizenz für eine neue Zeitung, obwohl der "Mittag" 1943 von den Machthabern verboten, obwohl Heinrich Droste bei der Entnazifizierung entlastet worden war. Immerhin bekam er, dessen jüngste Schwester Hulda den von den Nazis verfemten Maler Otto Pankok geheiratet hatte, der im "Mittag" den ebenfalls verfemten Dichter Herbert Eulenberg unter Pseudonym hatte schreiben lassen, eine Lizenz zur Gründung eines Buchverlages. Schon vorher hatte er die beschlagnahmte Druckerei zurückerhalten. Dort wurden ab 1946 die "Rheinische Post", wie auch "Die Freiheit" der Kommunisten gedruckt. Der "Mittag" erschien ab 1949 wieder, als mit der Gründung der Bundesrepublik der Zwang zur staatlichen Lizenzierung von neuen Zeitungen entfiel.

An seine Tante Hulda Pankok, nach der in Düsseldorf eine Schule benannt ist, erinnert sich Manfred Droste gern. Hulda Pankok, wie auch Drostes Mutter, eine erklärte Nazi-Gegnerin, half emigrierten und verfolgten Juden. Manfred Droste gestand, dass er als Zwölfjähriger - im Jungvolk befördert - dem Regime kurze Zeit zugetan war. Das änderte sich bald.

Immer wieder beschwor Manfred Droste beim Blick zurück den Geist des Aufbruchs, der die Zeit nach dem Ende des Krieges und die junge Bundesrepublik kennzeichnete. Er schilderte Begegnungen mit Düsseldorfer Juden, die die Nazizeit überlebt hatten, weil sie mit christlichen Frauen verheiratet waren. Diese Erinnerung nutzte Droste, um das finstere Bild von Adenauers Staatssekretär Hans Globke ein wenig aufzuhellen.

Der hatte bekanntlich an den antisemitischen Nürnberger Gesetzen mitgewirkt. Aber der Katholik Globke hatte auch Ausnahmen in den Gesetzestext hineingeschrieben, die einigen Menschen halfen und ihm selbst später eine Karriere unter dem ersten Kanzler der Bundesrepublik ermöglichten.

Andere Erinnerungen sind dagegen weitaus freundlicher. Die an den späteren Kino- und Fernsehstar Joachim Fuchsberger etwa , der in Drostes Druckerei-Büro arbeitete. Vor allem aber die an Walter Scheel (dessen Tod noch nicht bekannt war), mit dem Droste sich einige Jahre regelmäßig in Ascona getroffen hatte.

Viel Beifall im voll besetzten Foyer der Gedenkstätte.

(RP)
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