Düsseldorf Anna Kubin singt im "Weißen Rössl"

Düsseldorf · Anna Kubin wundert sich ein wenig in diesen Tagen. Da ist sie seit sieben Jahren im Schauspielhaus zu sehen, hat wuchtige Rollen gemeistert wie zuletzt in "Peer Gynt" und "Die Macht der Finsternis". Aber nie zuvor habe sie schon vor einer Premiere derart viel Aufmerksamkeit erfahren wie jetzt, wo sie in der Operette "Das Weiße Rössl" mitwirkt.

"In meinem Stadtteil Flingern wurde ich mehrmals auf der Straße darauf angesprochen", berichtet sie. "Offenbar sind die Leute sehr gespannt auf diese Produktion. Das beweist auch der zügige Vorverkauf." In der Schauspielhaus-Kantine kramt Anna Kubin, einen dicken bunten Schal um den Hals geschlungen, in ihrer Tasche und holt allerlei Schächtelchen heraus. Noch drei Tage bis zur Premiere. "Hier, lauter Pastillen und Bonbons zum Lutschen und Schlucken", sagt sie. Schauspieler hassen Erkältungen wie der Teufel das Weihwasser.

Diesmal aber gelten sogar noch verschärftere Bedingungen. Ihre Stimme muss besonders geschmeidig und gut geölt sein, denn als Ottilie wird sie neben spielen und tanzen auch viel singen. Meist im Duett mit Florian Jahr, darunter "Die ganze Welt ist himmelblau". Und auch im Chor, was sie schwieriger findet, weil es noch mehr Kraft erfordert.

Anna Kubin macht das mit dem Singen nicht zum ersten Mal. Auch bei "Pariser Leben" im Schauspielhaus war sie dabei, und als Polly in der "Dreigroschenoper" hat sie gleich drei Bühnen erobert. Bei den Festspielen in Bad Hersfeld bekam sie dafür den Publikumspreis als beste Darstellerin. Dennoch sei eine klassische Operette wie das "Weiße Rössl", dazu noch das meistgespielte Musikstück der Welt, eine anspruchsvolle Herausforderung.

"So richtig zuhause fühle ich mich in diesem Genre noch nicht", gibt sie zu. "Der Wechsel vom Spielen zum Singen ist kompliziert. Einen Hänger im Text kann man sich hier nicht leisten, auch Improvisieren hilft einem nicht. Die Musik spielt einfach weiter. Und zu all dem muss ich auch noch die Choreografie im Kopf haben und punktgenau umsetzen." Aber Spaß macht es ihr, genau wie ihren gestandenen Kollegen. Moritz Führmann gibt vergnügt den "schönen Sigismund", Imogen Kogge die resolute Wirtin Josepha Vogelhuber. "Sie schmeißt den Laden und hat alles im Griff", sagt Anna Kubin. "Ansonsten kommen die Frauen in diesem Stück nicht so toll weg. Eine lispelt, und meine Ottilie ist auch ein bisschen fad, wenn man den Text zum ersten Mal liest."

Deshalb habe sie ihre Rolle schon bei Probenbeginn mit Regisseur Christian Weise besprochen. "Wir fragten uns, was wir aus ihr machen, damit sie vielschichtiger wird", erzählt Anna Kubin. "Ottilie ist als Töchterchen angelegt, aber ich bin eher eine Tochter. Das passt besser zu Hendrik Arnst, der als Fabrikant Giesecke meinen Vater spielt. Ein naives Mädchen wäre bei ihm fehl am Platz." Auch Diana Amft, die Ottilie im gerade angelaufenen Kinofilm""Das Weiße Rössl", sei wohl kaum naiv, sagt sie. "Dass der Stoff fast gleichzeitig ins Kino und ins Theater kommt, ist gar nicht übel", überlegt sie und scherzt: "Vielleicht verlaufen sich ja einige Besucher zu uns, die eigentlich in den Film wollten."

Das Publikum dürfe sich auf eine opulente Ausstattung und eine mitreißende Inszenierung freuen, verspricht Kubin. "Die Operette ist pointiert und witzig geschrieben. Den Witz untergraben wir nicht. Aber eine Klamotte machen wir auch nicht daraus." Begeistert ist die Schauspielerin von der Idee, die Bühne zunächst mit einem roten Vorhang zu verhüllen. "Er wird sich erst mit der Musik öffnen. Ich liebe es, wenn alles eine Weile im Verborgenen bleibt. Und so schön wie am Anfang geht es dann hoffentlich weiter."

(anch)
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