Düsseldorfer Literaturmarathon Geschichten von Flucht und Demenz

Düsseldorf · Zum zweiten Mal organisierte das Literarturbüro NRW einen Lesemarathon. Der begann am frühen Abend auf der Kö und endete spät in der Nacht in der Destille. Besonders bewegend war der Auftritt von Autor Philipp Schiemann.

 Der Schriftsteller Philipp Schiemann.

Der Schriftsteller Philipp Schiemann.

Foto: schiemann/privat

 „Worte“ – die Nacht der Düsseldorfer Literatur überzeugte mit abwechslungsreichen Texten, die mal berührend, mal skurril, am Puls der Zeit oder urkomisch waren. Zum zweiten Mal hatte das Literaturbüro NRW zum Vorlesemarathon eingeladen. Fünf Lesungen an fünf Orten mit jeweils drei Autoren. Wer alle erleben wollte, startete mit dem „Kommentar zur Lage“ im Zakk-Lesezelt auf der Kö um 18 Uhr und verabschiedete sich gegen Mitternacht aus der Destille, nach einem spannend unterhaltsamen Krimiabend.

Die wohl berührendsten und bewegendsten Momente gab es in der ParkKultur an der Oststraße. Unter dem Motto „Alltag, anders“ stellten dort Ersin Dalga, Christina Müller-Gutowski und Philipp Schiemann Kurzprosa vor. Der Journalist Ersin Dalga war stimmlich angeschlagen, so übernahm Autorenkollege Philipp Schiemann das Lesen. Dalgas Geschichte erzählte von einem Flüchtling aus Afghanistan, der sich von Düsseldorf aus auf den Weg nach Frankfurt zu seiner Verlobten macht, die er ein Jahr nicht gesehen hat. Schiemanns Einsatz erwies sich als echter Glücksgriff. Er trug so überzeugend vor, dass die Lesung seiner eigenen Texte nur noch mehr unterstrich, wie gut es ist, dass er seine literarische Stimme wiedergefunden hat. Er erzählte schonungslos von seiner Sucht, von Abstürzen, auf der Straße leben und in der geschlossenen Abteilung einer psychiatrischen Klinik zu landen. Schiemanns Offenheit hallte noch lange nach.

Christina Müller-Gutowski hatte sich für den Abend ebenfalls kein leichtes Thema vorgenommen. Ihre Prosa beschrieb Demenz. Dabei nahm sie unterschiedliche Perspektiven ein. Alles sehr genau beobachtet und berührend.

Zum Abschluss der langen Literaturnacht wurde es spannend. In der Destille gaben sich die Krimi-Autoren Ingo Bott, Brigitte Lamberts und Klaus Stickelbroeck das Mikro in die Hand. Ingo Botts Anwalt Anton Pirlo hatte alle Hände voll zu tun, eine wegen Mordes Angeklagte in einem scheinbar aussichtslosen Verfahren zu verteidigen. Brigitte Lamberts entführte ihre Zuhörer auf die Balearen. Dort gerät ihr Gastrokritiker Sven Ruge in einen Kriminalfall, der bis in die 1940er zurückreicht, als unter den Deutschen, die auf Mallorca lebten, auch viele Nationalsozialisten waren.

Wenn Polizist Klaus Stickelbroeck nicht im Dienst ist, schreibt er. Entweder mit seinen Kollegen den Krimi-Cops oder an neuen Fällen für seinen Privatermittler Hartmann. Unterhaltsam und mit vollen Köpereinsatz schlüpfte er in die Figuren seiner Geschichte und begeistere das Publikum.

In der zweiten Auflage von „WOrte“ stimmte die Mischung aus Neulingen auf der Lesebühne und „Wiederholungstätern“, die im Gespräch mit Moderatorin Maren Jungclaus vom Literaturbüro NRW, auch Einblicke in ihre Schreibwerkstatt gaben. 

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