Serie So Wohnt Düsseldorf Künstlerin braucht Platz für ihr "Königspaar"

Düsseldorf · Lu Possehl lebt in einem mehr als 100 Jahre alten Haus in der Carlstadt. "Kommen Sie in den zweiten Hof", hatte sie am Telefon gesagt. Mehrere Hinterhöfe im Kern eines Wohnblocks, das gibt's ja eigentlich nur in Berlin. Und eben in der Düsseldorfer Carlstadt.

 Gut bewacht von ihren Skulpturen: die Künstlerin Lu Possehl auf dem Balkon ihrer Wohnung.

Gut bewacht von ihren Skulpturen: die Künstlerin Lu Possehl auf dem Balkon ihrer Wohnung.

Foto: Bretz Andreas

Von außen weigert sich das Haus an der Benrather Straße, die Spuren seines Alters zu offenbaren, seine Fassade wurde geglättet und auf "zeitlos" renoviert. Aber schon im Treppenhaus ist nicht zu übersehen, dass es schon vor über 100 Jahren gebaut wurde. "Zum Glück", sagt die Künstlerin Lu Possehl, "denn ich kann in hohen Räumen viel besser denken." Und arbeiten sowieso. Außerdem: Wie sollte sonst ihr Königspaar Platz finden?

Sie sind Wächter und Wegweiser gleichermaßen, die großen Edelstahl-Skulpturen von Lu Possehl. Schon von ihrem Balkon aus begrüßen sie mit ihrer imposanten Größe von 2,50 Meter die Besucher dieser Wohnung, die gleichzeitig auch Atelier ist. Früher lebte die Malerin und Bildhauerin in einem großen Haus mit Garten in Ratingen und pendelte jeden Tag zum Atelier nach Golzheim. Heute ist Lebens- und Arbeitsmittelpunkt an einem Ort konzentriert - vom Markttrubel des Carlsplatzes nur ein paar Schritte entfernt und doch in völliger Stille des Hinterhofs. "Ein idealer Platz zum Wohnen und Arbeiten."

 Durchblick: Von der offenen Küche fällt der Blick bis ins Schlafzimmer - und auf Kunst aus allen Schaffensphasen.

Durchblick: Von der offenen Küche fällt der Blick bis ins Schlafzimmer - und auf Kunst aus allen Schaffensphasen.

Foto: Bretz Andreas

Diese spezielle Lage bestimmt auch die Form der Wohnung, die sich U-förmig um den zweiten Hinterhof schmiegt. Diele und Küche bilden ein Duo ohne trennende Wand, ebenfalls offen schließt sich das Wohnzimmer an, geräumig und hell, viel Platz für die Kunst. Und um den Schaffensweg der Künstlerin zu studieren, die in ihren Anfangsjahren nach ihrem Studium in den 1980-er Jahren an der Akademie vor allem die menschliche Gestalt erforschte.

Auf Leinwand und in Stahl entwickelte sie dabei "die Kraft der reduzierten Form". Später konzentrierte sie sich auf die Abstraktion in leuchtenden Farben, ließ sich auf Reisen nach Mittel- und Südamerika inspirieren. Großformatige Arbeiten aus dieser Zeit prägen heute die Wände ihres Wohnraumes. Dort lohnt sich auch ein intensiver Blick auf Ess- und Couchtisch, beide von unverwechselbarer Individualität: Unter Glasplatten werden Negativ-Formen von kleineren Stahlskulpturen sichtbar, zum Band aufgereiht. Und durch die Hohlräume schimmert rote Seide - Mahlzeit mit besonderem Blickfang.

 König und Königin immer in Reichweite: Ohne ihre großen Skulpturen wäre das Schlafzimmer nicht komplett.

König und Königin immer in Reichweite: Ohne ihre großen Skulpturen wäre das Schlafzimmer nicht komplett.

Foto: Bretz Andreas

Ein Gang, den die Künstlerin ihren "Catwalk" nennt ("wenn Licht leuchtet, sieht mich hier jeder durchgehen") führt ins Schlafzimmer, das von der Farbe Rot dominiert wird, der Farbe des Tangos - einer großen Leidenschaft von Lu Possehl. Links und rechts vom Bett bewachen König und Königin den Schlaf ihrer Schöpferin, zwei hohe, schmale Stahlskulpturen, die schon zur 700-Jahrfeier der Stadt Düsseldorf in einer Halle auf dem alten Jagenberg-Gelände ausgestellt waren. Von dort geht es ins Bad, das sie ganz nach ihren Wünschen in grauem Granit gestalten ließ. Aber wo entstehen nun all diese Werke? Lu Possehl öffnet eine unsichtbare Schiebetür in einer Schrankwand - damit verblüfft sie auch immer die Besucher der "Kunstpunkte", an denen sie regelmäßig teilnimmt - und schon steht man mitten in ihrem Atelier. "Das ist das Angenehme an dieser Wohnung, alles ist nah beieinander, trotzdem ist der Raum zum Arbeiten ganz abgeschieden." Dort liegt auf dem großen Arbeitstisch ein Bild in Grau und mattem Gelb, das soeben fertig wurde und dessen Leinwand gespachtelt, geritzt, gekratzt und zudem auch mit Sand bearbeitet wurde.

 Esstisch der anderen Art: die Negativformen einer Skulptur unter Glas

Esstisch der anderen Art: die Negativformen einer Skulptur unter Glas

Foto: Bretz Andreas

"Das einzige, was ich aus meinem früheren Leben hier vermisse, ist der Garten" sagt Lu Possehl. Und der Platz für Bücher, heute muss sie sich mit einem Regal begnügen. "Was da nicht rein passt, wandert in die Bücherschränke, aus denen sich andere bedienen können." Denn die Wände sind nun mal für die Kunst reserviert, ganz kompromisslos.

(RP)
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