Zum Tag der Deutschen Einheit Kreuz im Verwaltungsgericht

Düsseldorf · Zum Tag der Deutschen Einheit und zum 60. Jahrestag der Verfassung von NRW wurde im Gerichtsgebäude ein Kreuz angebracht. Es gilt als Kunstwerk und wurde aus dem Stahl und dem Stacheldraht der DDR-Grenzanlagen gefertigt. Die Meinungen der Mitarbeiter sind gemischt.

Die Hauspost des Präsidenten des Verwaltungsgerichtes, Andreas Heusch, an alle Mitarbeiter war gestern im Gericht Gesprächsstoff, zog Richter und Mitarbeiter in das Treppenhaus im zweiten Stock: Denn dort — so war in der Mitteilung zu lesen — war am Wochenende ein Kreuz angebracht worden.

Die Meinungen waren gemischt, berichtet Gerichtssprecherin Yvonne Bach: "Ein Teil hielt es wegen der Neutralitätspflicht des Staates nicht für gerechtfertigt, dass dieses Symbol dort angebracht wurde, ein anderer hielt den Hinweis auf die Grundwerte der Bundesrepublik Deutschland für richtig."

Mit dem Kreuz wollte Gerichtspräsident Heusch allerdings nicht von neuem den Streit um das Kruzifix in Gerichten, wie er Anfang des Jahres im Land- und Amtsgericht geführt worden war, aufleben lassen. Das neue Kreuz sei vielmehr als ein Kunstwerk zu betrachten, das auf die deutsche Geschichte hinweist. Denn ein unbekannter Künstler hat es als Replik des bekannten Zaunkreuzes im Heiligenstädter Bergkloster gefertigt und wurde aus dem Stahl und aus Stacheldraht der Grenzbefestigungen der DDR geformt. Es ist damit ein Hinweis "auf die Wiedervereinigung und auf die Überwindung von Unrecht", sagte Bach.

Deshalb war das Kreuz auch zum Tag der Deutschen Einheit angebracht worden. "Zudem hat das Material Stahl Bezüge zum Sitz des Verwaltungsgerichtes im ehemaligen Stahlhof", erläutert Gerichtssprecher Winfried Schwerdtfeger.

Schwerwiegender ist aber der Bezug zu einem weiteren Jahrestag: Vor 60 Jahren trat die Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen in Kraft. Und deren Präambel beginnt mit der Formulierung "In Verantwortung vor Gott und den Menschen". Nach der nationalsozialistischen Diktatur und im Angesicht der sozialistischen Diktatur im Osten Deutschlands würden diese Worte eine deutliche Absage an alle totalitären, menschenverachtenden Ideologien aussprechen, so Heusch in seiner Hauspost. Nicht der Staat erkenne einem Menschen dessen Würde zu, sondern sie komme ihm von Natur aus, stehe über den staatlichen Gesetzen.

Die Grundlage für dieses Menschenbild und für diesen Kern der freiheitlichen Verfassung seien die christlichen Vorstellungen. "So verweist das Kreuz auf die kulturellen Grundlagen unserer Verfassung", schreibt Heusch. Damit werde keinesfalls die Trennung zwischen Staat und Kirche aufgehoben, die eine wesentliche Bedingung für die freiheitliche Verfassung sei. Heusch: "Der Staat darf sich nicht anmaßen, Religionen nach ihrem Wahrheitsgehalt zu bewerten."

Allerdings dürfe auch in einem Gericht auf die Werte hingewiesen werden, die für den freiheitlichen Staat maßgebend seien. Deshalb sei das Kreuz dort nicht fehl am Platz, "vor allem, wenn es auch auf andere Bezüge hindeutet", so Schwerdtfeger.

(RP)
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