Elf Jahre nach Gasexplosion Krahestraße: Urteil ist rechtskräftig

Düsseldorf · Mehr als elf Jahre nach der Gasexplosion mit sechs Toten und zwei Schwerverletzten an der Krahestraße hat der Bundesgerichtshof die lebenslange Haftstrafe gegen Hausbesitzer Heinz Nieder (49) bestätigt. Damit ist der wohl längste Strafprozess deutscher Rechtsgeschichte beendet.

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Foto: RP, Andreas Probst

Darauf. haben Opfer und Hinterbliebene fast elfeinhalb Jahre warten müssen: Per Beschluss hat der Bundesgericht (BGH) am 7. Januar eins der wohl längsten Strafverfahren Deutschlands abgeschlossen — und das unerträgliche Tauziehen um die Schuldfrage an der Gasexplosion von der Krahestraße endgültig beendet. Im Juli 1997 war das Wohnhaus Nummer 8 mitten in der Nacht zusammengestürzt, hatte sechs Bewohner im Schlaf unter Trümmern begraben, zwei weitere schwer verletzt.

Hausbesitzer Heinz Nieder war in einem Prozessmarathon zuletzt im März 2008 wegen sechsfachen Mordes vom Duisburger Landgericht zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Seine Revision wies der BGH nach RP-Informationen jetzt rundweg zurück. Das Urteil ist nun rechtskräftig.

Drei Prozesse brauchte die Justiz

Telefonisch mit der Abschluss-nachricht konfrontiert, atmete Heinz Stern gestern tief durch. "Ich bin sehr sehr erleichtert", sagte der 56-Jährige. Auch er hatte damals in dem Unglückhaus gewohnt, hatte aber zufällig wegen einer Dienstreise auswärts übernachtet. Unter den Trümmern von Haus 8 kam jedoch seine 38-jährige Frau Roswitha grausam zu Tode. Wie die meisten Opfer der Gasexplosion ist Roswitha Stern in Trümmerteilen erstickt.

Schon kurz danach geriet Hausbesitzer Heinz Nieder unter Verdacht. Mit einem befreundeten Dachdecker und dessen Lebensgefährtin soll er in der Explosionsnacht am Tatort gewesen sein, soll einen Stopfen von der Gasleitung im Hauskeller abgedreht haben — ohne jede Rücksicht auf die schlafenden Menschen. Denn nach der Explosion sollte mit Versicherungsgeldern ein neues Haus entstehen, dessen Luxuswohnungen teurer zu vermieten wären. So lautetet zunächst die Anklage gegen Nieder, dessen Kumpan und die Freundin.

Im ersten Prozess vor dem Landgericht hat aber nur die Frau ausgepackt, hat beide Männer schwer belastet und kam selbst mit einem Freispruch ungeschoren davon. Nieder und sein Kumpan kassierten dagegen lebenslange Haftstrafen. Das war im Jahr 2001. Auf Beschwerde von Nieder hob der BGH seine Verurteilung wegen eines Formfehlers auf. Bestätigt wurde aber das Urteil gegen den Kumpan, der die Strafe seitdem absitzt.

In einem zweiten Prozess vor anderen Düsseldorfer Richtern wurde nur noch gegen Nieder verhandelt — und der Hausbesitzer kam mit dreizehn Jahren und sechs Monaten davon. Ein Tötungsvorsatz, so hieß es in jenem Urteil von 2006, sei Nieder nicht nachzuweisen. Doch wieder kippte der Bundesgerichtshof das Urteil. Im dritten Anlauf — nun vor dem Landgericht Duisburg — sahen die Richter keine Zweifel am Tötungsvorsatz des Heinz Nieder. Wieder verhängten sie lebenslange Haft, stellten zudem die besondere Schwere seiner Schuld fest.

Bis dahin hatte Nieder acht Jahre in U-Haft verbracht, war dann vom Bundesverfassungsgericht freigelassen worden. Schafft es ein Staat nicht, in acht Jahren ein rechtskräftiges Urteil vorzulegen, könne das nicht zu Lasten des Angeklagten gehen, so die Begründung. Die Verfahrensdauer kam Nieder auch vor den Duisburger Richtern zugute. Sie schrieben ihm vier Jahre gut wegen der "erheblichen Verzögerungen". Wieder legte Nieder Revision ein. Doch diesmal winkte der BGH ab. Nieders Rechtsmittel sind nun ausgeschöpft, seine Verurteilung ist rechtskräftig.

Nebenkläger Heinz Stern ist froh um diesen Schlussstrich. "Ich hatte die ganze Sache doch dauernd im Hinterkopf. Jetzt kann mein Leben neu anfangen." Ähnlich äußerte sich Anwalt Johannes Pausch. Er vertrat Theresa Rudzinska (67), die ihre Tochter bei der Hausexplosion verloren hat, selbst schwer verletzt worden war. "Meine Mandantin", so Pausch, "ist erleichtert. Ein langer Leidensweg ist nun zu Ende."

(RP)
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