Prozess wegen Gasexplosion Krahestraße: Nieder noch frei

Düsseldorf · (RP). Für die Angehörigen der Opfer der absichtlich herbeigeführten Gasexplosion ist es unverständlich: Trotz einer rechtskräftigen Verurteilung hat der 49-Jährige seine lebenslange Haftstrafe noch nicht angetreten.

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Foto: RP, Andreas Probst

Seit. zweieinhalb Monaten ist das Urteil gegen Heinz Nieder rechtskräftig: Wegen sechsfachen Mordes und zweifachen Mordversuchs muss der 49-Jährige eine lebenslange Haftstrafe verbüßen. In letzter Instanz hatte der Bundesgerichtshof (BGH) im Januar das Höchststrafen-Urteil wegen der verheerenden Hausexplosion an der Krahestraße 1997 bestätigt. Mit großer Erleichterung haben die Angehörigen den Richterspruch aufgenommen — angesichts der geforderten Gerechtigkeit, auf die sie lange Jahre hatten warten müssen. Doch der frühere Hausbesitzer Nieder ist auf freiem Fuß. Wann er den Rest seiner Strafe absitzt, ist unklar. Das liegt nicht an besonderen Rücksichten der Justiz, sondern an Bürokratie.

Rückblick: Als das Haus Krahestraße 8 in jener Julinacht 1997 unter der Wucht einer Gasexplosion zusammenbrach, konnten sechs Hausbewohner aus dem Trümmerberg nur noch tot geborgen werden, zwei wurden schwer verletzt gerettet. Drei Prozesse (mit unterschiedlichen Urteilen) brauchte die Justiz bis zum Abschluss des Verfahrens gegen Nieder. Erst im letzten Prozess vor dem Landgericht Duisburg wurde Nieder wegen sechsfachen Mordes, zweifachen Mordversuchs zu lebenslanger Haft verurteilt. Ein Kumpan, der ihm in jener Tatnacht geholfen habe, die Gasleitung im Hauskeller zu öffnen, war 2001 zur Höchststrafe verurteilt worden.

Für Nieder nicht nur Vorteile

Die Urteile gegen Nieder aber wurden wegen Formfehlern zweimal vom Bundesgerichtshof gekippt. Mehr noch: Vor vier Jahren war Nieder vom Bundesverfassungsgericht trotz dringenden Tatverdachts entlassen, der Haftbefehl gegen ihn nach rund achtjähriger U-Haft wegen unzumutbar langer Verfahrensdauer aufgehoben worden. Seitdem ist er auf freiem Fuß. Und er wird es noch einige Zeit bleiben.

Formell muss der BGH-Beschluss vom Januar erst dem Landgericht Duisburg zugeleitet werden. Dort erhält das Urteil die nötige Rechtskraftbescheinigung, wird dann der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft zugeschickt. Erst dann kann die Staatsanwaltschaft Nieder zum Haftantritt vorladen. Wie ein Sprecher der Behörde auf RP-Anfrage erklärte, ist dieses Dokument aber noch nicht eingegangen. Sobald die Unterlagen vorliegen, müsse Heinz Nieder "binnen kürzester Frist", innerhalb einer Woche, mit seiner Vorladung ins Gefängnis rechnen. Wo er dann seine Haftstrafe absitzen muss, ist nicht bekannt.

Kein Indiz für Fluchtgefahr

Für Heinz Nieder hat diese letzte Schonfrist nach Einschätzung von Juristen nicht nur Vorteile. Er kann sein Leben in Freiheit nur von Tag zu Tag planen. Verdunklungsgefahr gibt es nicht, da sein Tatbeitrag zur Explosion rechtskräftig feststeht. Für Fluchtgefahr gibt es kein Indiz. Immerhin war Nieder seit seiner Freilassung stets pünktlich zu Prozesstagen erschienen.

(RP)
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