Rentner in Düsseldorf hatte die Idee Spotify-Konzerte im Altenheim kommen gut an
Lörick · Horst Beyer stellt einmal im Monat selten gespielte Klassik-Stücke für seine Mitbewohner in der Seniorenresidenz zusammen. Der 83-Jährige kombiniert seine Vorliebe für Musik mit moderner Technik zu einem eindrücklichen, intensiven Erlebnis.
Getragene Orgelklänge durchströmen die Kapelle von Haus Lörick. Im Raum sitzen 24 Bewohner der Senioren-Residenz und lauschen entrückt der Musik. Obwohl der Lautsprecher nicht der neueste und auch nicht der beste ist, sagt Christa Bock: „Ein unwirkliches Gefühl. Die Seele ist gefüllt von wunderschönen Melodien. Es ist eine reine Wohltat.“
Was Bock so begeistert, ist die allmonatliche „Musikalische Hochkultur in der Kapelle“. Bereits 16 Mal hatten die Senioren die Gelegenheit, sich von den Klängen in die eigene tiefste Gedanken- und Seelenwelt entführen zu lassen. „Als ich das erste Mal dabei war, habe ich vor Rührung geweint“, gesteht Karen Gröning. „Wir sind dankbar, dass wir diesen Genuss einmal im Monat haben.“
Zu verdanken haben die Bewohner von Haus Lörick das konzertähnliche Vergnügen ihrem Mitbewohner Horst Beyer. Der 83-Jährige kombiniert seine Vorliebe für Musik mit moderner Technik zu einem eindrücklichen, intensiven Erlebnis. Alle vier Wochen präsentiert Beyer eine selbst zusammengestellte Auswahl spezieller Musikstücke. Dafür durchforstet der ehemalige leitende Angestellte in der Großindustrie den Streamingdienst Spotify. „Je nach Jahreszeit oder anstehender Feiertage habe ich thematisch einen roten Faden“, erläutert Beyer. „Es kommen aber mehr Stücke zusammen, als in einer Stunde präsentiert werden können. Die Auswahl und die Kurzbeschreibung für das Informationsblatt, da steckt viel Arbeit drin.“
Seine Spotify-Statistik weist aus, dass er 176 Prozent der Durchschnittszeit eines Spotify-Users den Streaming-Dienst nutzt. Eine Arbeit, die sich lohnt, sagt Beyer. Nicht nur, dass die zwei „Vorstellungen“ zuletzt ausgebucht waren, auch die Reaktionen und Kommentare seiner Mitbewohner seien Lohn und Motivation weiterzumachen. „Mein Lohn sind die strahlenden Augen des Glücks“, so Beyer. „Besonders freut es mich, wenn ich höre, dass diese oder jene Komposition vorher noch nie gehört wurde, dass man diesen oder jenen Komponisten oder Interpreten gar nicht kannte.“
Dass sich mit Margret Bonn eine Mitstreiterin bei der organisatorischen Abwicklung angeschlossen hat und die musikalische Hochkultur inzwischen auch die Pflegestation des Wohnstiftes besucht, ist ebenfalls eine Anerkennung.
Die Kapelle in Haus Lörick ist klein – mehr als 25 Menschen passen mit der Einzel-Bestuhlung zeitgleich nicht hinein – und bietet so gleichzeitig eine intime wie gemeinschaftliche Atmosphäre. Man ist nicht alleine und kann sich doch einzeln verzaubern lassen. „In Haus Lörick haben wir ein großes Kulturprogramm. Wir haben auch einen eigenen Kulturbeauftragten“, erläutert Haus-Lörick-Geschäftsführer Norbert Molitor. „Als Herr Beyer anbot, mit musikalischer Hochkultur in die Kapelle zu kommen, habe ich sofort zugegriffen. Auch weil ehrenamtliches Engagement gefördert werden muss.“
Beyers Engagement sei ungemein positiv, entstünde dadurch doch nicht nur Genuss, sondern auch Austausch und Kommunikation. „Die Bewohner sprechen darüber. Sie freuen sich darauf“, so Molitor. „Es entsteht Intimität in der Gemeinschaft.“
Horst Beyer hat die Musik quasi mit der Muttermilch aufgesogen. „Ich lebe seit Jahrzehnten mit Musik. Meine Eltern hatten immer ein Abo für die Tonhalle“, verrät er. „Ich spiele in der Kapelle aber nur Stücke, die man normalerweise in der Tonhalle nicht hört.“ So kam beim letzten „Spotify-Konzert“ ein anrührendes und in sich stimmiges Musik-Konglomerat aus drei Jahrhunderten zusammen. „Wie Horst Beyer die Stücke aussucht, ist große Kunst. Er bringt Musik zu uns, die wir sonst nie hören“, sagt Karen Gröning. „Ich freue mich schon auf das nächste Mal.“