Kommunalwahl in Düsseldorf Die Jugend will ins Rathaus

Düsseldorf · Der Nachwuchs von SPD, CDU, Grüne, FDP und Die Linke erzählt, was sie in Düsseldorf verändern wollen, auf welche Weise sie in der Corona-Krise den Wahlkampf bestreiten und was die älteren Parteimitglieder von ihnen lernen können.

 Der Politik-Nachwuchs drängt ins Düsseldorfer Rathaus-

Der Politik-Nachwuchs drängt ins Düsseldorfer Rathaus-

Foto: FOTOS: A. BRETZ, A. ENDERMANN, IMAGO IMAGES, H. PAWLITZKI (2) | GRAFIK: C. SCHNETTLER

Zur Kommunalwahl am 13. September stellen sich auch einige Nachwuchspolitiker. Sie sind fest entschlossen, in den Stadtrat einzuziehen, um dort ihre politischen Ideen durchzusetzen. Naturgemäß haben die fünf unterschiedliche Vorstellungen von der „richtigen“ Politik. Was sie aber verbindet: Sie sind deutlich jünger als ihre Parteikollegen. Die sind etwa bei der FDP im Schnitt 43, bei der Linken sogar 51 Jahre alt. Wie die jungen Wilden Politik machen wollen, wird im Folgenden gezeigt.

Die wichtigsten Themen Die Verkehrspolitik in der Stadt ist für die jungen Kandidaten ein wichtiges Thema. Der ÖPNV muss nach Meinung aller Newcomer konsequent ausgebaut werden. „Es kann nicht sein, dass man in Düsseldorf 20 Minuten auf eine Bahn warten muss. Das ist in keiner anderen deutschen Großstadt so“, sagt André Tischendorf von der CDU. Der 28-jährige Jurastudent ist davon überzeugt, dass mehr Düsseldorfer freiwillig ihr Auto stehen lassen, wenn man ihnen eine funktionierende Verkehrsstruktur bietet. Lukas Mielczarek, der bei den Düsseldorfer Grünen auf Listenplatz zwei gesetzt ist, sieht das ähnlich. Vor allem die Verkehrssicherheit ist für ihn ein zentraler Faktor. „Wenn viele Eltern Angst haben, ihr Kind mit dem Fahrrad zur Schule zu schicken, dann ist das ein Problem“, berichtet Mielczarek. Eine gut geplante Verkehrswende ist für den 20-Jährigen nur ein Bestandteil, um sein übergeordnetes Ziel zu erreichen: Er möchte, dass Düsseldorf schnellstmöglich klimaneutral wird. Die Wärmewende, also ein gezielter Ausbau von klima­freundlichen Energieträgern, ist für ihn ebenfalls ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Während der junge Klimaaktivist mehr Solaranlagen auf den Dächern der Stadt fordert, machen sich Julia Uhlig von der SPD und Sophie Würdemann von der Linken vor allem Sorgen um steigende Mietpreise. Jeder soll nach Ansicht der beiden Politikerinnen in der Stadt wohnen können, ohne sich dabei in Unkosten zu stürzen. „Der Wohnungsmarkt hat sich so zugespitzt, dass nur noch die Randviertel relativ bezahlbar sind“, sagt Würdemann. Die 20-Jährige fordert, dass deutlich mehr in den sozialen Wohnungsbau investiert wird.

Der Politikstil Alle wollen sie direkt mit den Düsseldorfern innerhalb der Stadtteile zusammenarbeiten. Den jungen Kandidaten geht es um eine intensive Einbindung der Bürger in politische Entscheidungen. Auch im Hinblick auf Bau- und Umbauprojekte soll sich das politischen Tagesgeschäft mehr auf die Viertel konzentrieren. „Quartiersaufwertung ist mir sehr wichtig. Es wird viel für die Innenstadt gemacht, aber auch die Begrünung und Verschönerung der Stadtteile muss vorangetrieben werden“, sagt Andreas Palik von der FDP. „Im Zentrum von Lichten­broich etwa gibt es viele Möglichkeiten, das Ganze attraktiver zu gestalten. Mehr Außengastronomie wäre eine Lösung.“ Auch für Tischendorf wird das „Dorf“ in Düsseldorf immer noch zu klein geschrieben: „Politik muss nicht im Rathaus gemacht werden. Es gibt so viele tolle Vereine in den Stadtteilen, die man fragen kann: Wie seht ihr das eigentlich? Da sollte man viel mehr auf die Gemeinschaft setzen und auch die einzelnen Viertel weiter fördern.“

Die Botschaft Trotz oder gerade wegen ihres jungen Alters könnten die alteingesessenen Parteimitglieder sich aus Sicht der Kandidaten das ein oder andere vom engagierten Nachwuchs abgucken. „Wir jungen Leute kommunizieren mehr. Ich glaube, dass wir teilweise eine diplomatischere Art haben, Politik zu machen“, sagt Würdemann. Für Uhlig ist es vor allem die Zukunftsorientierung, die sie und andere junge Politiker mehr im Blick haben: „Es geht uns mehr um innovative Vorschläge, die in Zukunft unsere Gesellschaft gestalten sollen. Wir werden das Ganze noch lange miterleben und haben deshalb ein gesteigertes Interesse daran.“ Auch die Digitalisierung stehe bei der Politjugend höher im Kurs als bei den vorherigen Generationen. Und: „Man kann auf jeden Fall einen noch schnelleren, jüngeren und innovativeren Wahlkampf machen“, sagt Palik. Tischendorf hat bereits in jungen Jahren geholfen, seine Partei digitaler zu machen. „Als Praktikant in unserer Ratsfraktion habe ich den Herrschaften das „Facebook“ näher gebracht und einen Account angelegt.“

Der Auftritt Ein selbstbewusstes und entschlossenes Auftreten legen alle fünf Kandidaten an den Tag. Sie wollen viel verändern, das merkt man den jungen Leuten deutlich an. „Es geht darum, neue Lösungen zu finden. Mit Kompromissen nähert man sich dem Ziel, aber erreicht es nicht“, sagt Mielczarek. Auch sind die Newcomer bereit, viel für ihre politischen Ziele zu arbeiten. Auf die zeitintensive Tätigkeit als Ratsmitglied haben sie sich alle schon vor der Wahl bereits eingestellt. „Das wird ein großer Workload. In der Woche und auch am Wochenende. Da muss man wirklich Lust drauf haben, aber das habe ich“, sagt Tischendorf.
Unabhängig von der Kommunalwahl fordern die jungen Politiker, jederzeit in den politischen Prozess mit einbezogen zu werden. „Es funktioniert gut, wenn man jungen Menschen einfach mal das Ruder überlässt und wir mitarbeiten können“, sagt Uhlig selbstbewusst. Mit den Beteiligungsmöglichkeiten, die ihnen bisher in ihren Parteien geboten werden, sind sie aber alle sehr zufrieden.

Die Wahlkampfstrategie Eine gut geplante Online-Kampagne und innovative Wahlkampfideen sind für die fünf Kandidaten gerade in Zeiten der Corona-Krise unverzichtbar. Sie alle nutzen Social-Media wie Instagram und Facebook, und ihre eigenen Internetseiten. „Die Leute sollen die Möglichkeit haben, etwas über mich als Person und meine Ziele zu erfahren“, erklärt Uhlig. Mielczarek will die Wähler mithilfe abwaschbarer Sprühkreide-Graffiti auf seine Partei aufmerksam machen. Neben einem gepflegten digitalen Auftreten gehört für Palik der direkte Kontakt zu den Bürgern trotz der Corona-Einschränkungen fest zum Wahlkampf. „Ich gehe in den nächsten Tagen durch Lichtenbroich und werde mit den Händlern sprechen, um zu erfahren, wo im Stadtteil die größten Probleme liegen“, berichtet der 22-Jährige.