Premiere fpr "Kopüber" Kom(m)ödchen: Bunter Abend für Selbstmörder

Düsseldorf (dpa). Die Republik ist im dritten Jahr der Wirtschaftsdepression, die Stimmung am Boden. Auf einer Düsseldorfer Rheinbrücke treffen drei hoffnungslose Gestalten aufeinander. Ein insolventer Unternehmensberater, eine verzweifelte Lehrerin und ein aus der Bahn geratener Finanzbeamter. Mit dem neuen Programm "Kopfüber - Ein bunter Abend für Selbstmörder" hat das Düsseldorfer Kom(m)ödchen auf den Zeitgeist gezielt und ins Schwarze getroffen.

Das Ensemble der renommierten Kabarett-Bühne eroberte bei der Premiere am Dienstagabend mit einer bitter-süßen Zustandsbeschreibung der akuten deutschen Befindlichkeiten das Publikum. Alle sind schlecht drauf - aber sich auch nur darin einig. Der Unternehmensberater fühlt sich von der wuchernden Bürokratie in den Ruin getrieben, der Finanzbeamte im Gegenteil von Globalisierung und Ökonomisierung verfolgt, die Lehrerin wiederum von egomanischen Individualisten in Klassenraum und Elternversammlung in die Enge getrieben.

Politik ist "nicht mehr sexy", Gerhard Schröder mutiert zu Erich Honecker und "unser gefühltes Bruttosozialprodukt liegt auf dem Niveau von Usbekistan". Mannesmann-Chef Klaus Esser kassiert 60 Millionen Mark Abfindung, während Theater kein Geld für ein Bühnenbild haben und eine Sonderschullehrerin namens Schmidt das Gesundheitssystem im Alleingang sanieren muss.

Die Überdosis Hoffnungslosigkeit entfaltet bei Publikum und Bühnenfiguren schnell ihre therapeutische, komische Wirkung: "Schöpf wieder Kraft, fass wieder Tritt - trotz Ulla Schmidt" singen Niki Ankenbrand, Volker Diefes und Heiko Seidel. Nicht nur die Kabarett-Prominenz im Premierenpublikum war angetan von diesem Trio unter den Fittichen von Kay S. Lorentz.

"Das ist ohne billige Anbiederung modern. Das Kommödchen ist seinem Namen gerecht geworden", urteilte Thomas Freitag. "Eine hervorragende Ensembleleistung mit einer guten Mischung", lobte Richard Rogler. Bis Ende November ist das neue Programm in der Regel dienstags bis samstags zu sehen.

Von Frank Christiansen

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