Kolumne zu Oberbürgermeister Geisel Die Krisenmanager von Düsseldorf

Meinung | Düsseldorf · Oberbürgermeister Thomas Geisel setzt im Kampf gegen das Coronavirus Akzente. Das hat auch im Wahlkampf Bedeutung. Gute Krisenmanager sammeln bei den Bürgern Punkte.

Kolumne zu Oberbürgermeister Thomas Geisel als Corona-Krisenmanager
Foto: RP/Phil Ninh

Wir sehen einen ernsten, sehr sachbezogenen Thomas Geisel (SPD). Er berichtet von den Maßnahmen, die in Düsseldorf ergriffen werden, um eine bessere Infrastruktur für die Bekämpfung des Coronavirus zu schaffen. Hintergrund: Hausärzte weisen Patienten ab, die sich testen lassen wollen, die Uniklinik ist überlastet. Der Oberbürgermeister kündigt in seiner Videobotschaft an: Ein Diagnosezentrum wird eingerichtet, zu dem alle Düsseldorfer gehen können. Eine gute Nachricht, zumal das Zentrum schon am Mittwoch eröffnen soll. Andere Städte sind längst nicht so schnell.

Keine Frage: Geisel punktet mit diesem Auftritt. Düsseldorf packt das Problem beherzt an, ist das Signal. Der OB ist ein Krisenmanager, er weiß, was zu tun ist. Ein bisschen wirkt es in dem Film sogar so, als sei Geisel ein Fachmann aus der medizinischen Welt. Er sitzt im schlichten Sakko, unter dem er ein blau-weiß kariertes Hemd trägt, offenbar auf einem Drehschemel. Neben ihm ist ein Mikroskop zu sehen. Wer weiß, vielleicht wendet er sich nach dem Dreh zur Seite und untersucht die nächste Probe?

Das ist natürlich blanker Unsinn, aber genausowenig ist es erforderlich, dass Geisel sich in dieser Umgebung filmen lässt. Er ist kein Arzt, die Arbeit machen andere, ein Dreh auf dem Rathausflur hätte gereicht. Aber Geisel ist ein Medienprofi, er weiß, dass diese Bilder haften bleiben. Sie sollen Kompetenz in der Krise spiegeln.

Die politische Geschichte lehrt: Krisen und Katastrophen bewegen die Menschen – und sie sind eine Chance für Politiker, sich auszuzeichnen. Helmut Schmidt (SPD) hat Maßstäbe gesetzt, als er 1962 als Hamburger Innensenator eine Flutkatastrophe mithilfe der Bundeswehr bekämpfte. Diese Handlungsstärke hat sein Bild auf immer geprägt. Jahrzehnte später war es Kanzler Gerhard Schröder, der die Folgen der großen Flut an Elbe und Donau begutachtete. „Wahlkampf in Gummistiefeln“ wurde 2002 getitelt, und tatsächlich sammelte Schröder entscheidende Punkte im Kampf um den Wiedereinzug ins Kanzleramt.

Show ist aber nicht alles. Geisel gibt gerade die Richtung vor – und die stimmt. Er erweist sich als guter Krisenmanager. Das war er auch, als die Flüchtlingszüge ankamen. In Düsseldorf gab es keine Unterbringungsprobleme wie in anderen Städten, Sozialdezernent Burkhard Hintzsche und Miriam Koch, heute Leiterin des Amtes für Migration, machten damals einen Top-Job. Düsseldorf reagiert rasch und pragmatisch, das zeichnet die Stadt aus.

Natürlich kann man als Spitzenpolitiker auch manches falsch machen, wenn die Krise kommt. Während Geisel schon im Wahlkampf 2014 richtig reagierte, als Sturm Ela die Stadt verwüstete, zeigte sich OB Dirk Elbers (CDU) wenig zupackend. Anderseits ist die Aktionismusfalle nah. In die tappte Geisel beim Rheinbad, als er das Chaos, das Jugendliche mit Migrationshintergrund verursachten, zu dramatisch schilderte und schon von ausländerrechtlichen Schritten sprach. Das waren dezidiert drei Punkte zu viel auf der Erregungsskala, Geisel ruderte später zurück. Man sieht: Gute Krisenmanager müssen aufpassen, nicht dem Populismus zu erliegen. Das gilt für alle Spitzenpolitiker, erst recht im Wahlkampf.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort