Kollegah Düsseldorfer Rapper hat größeren Wortschatz als Goethe

Düsseldorf · Der Rapper Kollegah hält sich für den "Boss der Bosse", sieht sich selbst als größten Dichter des Landes. Doch erst jetzt bestätigt ihm eine Datenanalyse seinen großen Wortschatz, der sogar größer ist als der von Goethe.

 Kollegah hat einen größeren Wortschatz als Goethe und Helene Fischer. Einen größeren Bizeps übrigens auch.

Kollegah hat einen größeren Wortschatz als Goethe und Helene Fischer. Einen größeren Bizeps übrigens auch.

Foto: Laion/dpa

Für die Datenanalyse hat der Bayerische Rundfunk jeweils 16.000 Wörter aus den neuesten Liedern mehrerer deutscher Musiker verglichen. Zudem wurden die Texte in Relation gesetzt zu Goethes Werk "Faust I.", wobei hier die ersten 16.000 Wörter genutzt wurden. Dabei herausgekommen ist eine Rangliste, die von dem der breiten Maße eher unbekannten Rapper Morlock Dilemma angeführt wird. Auf Platz zwei und drei folgen Kollegah und Goethe. Alle drei Künstler benutzten in ihren Werken um die 3000 verschiedenen Wörter. Zur Einordnung: Helene Fischer kommt auf gerade mal 1044.

Der Rapper Kollegah hat seine musikalische Heimat in Düsseldorf. Zwar stammt Felix Blume, wie er bürgerlich heißt, aus Hessen, doch die Plattenfirma bei der er unter Vertrag steht, hat ihren Sitz in Düsseldorf. In den Texten gibt sich Blume als Kunstfigur, in seinen Texten ist er rappender Zuhälter und Drogendealer. Die Statur eines Türstehers hat er sich mittlerweile auch in der Realität antrainiert.

Der Goethe in Lederjacke

Das Bild vom Zigarre-rauchenden Rapper in Lederjacke hat wenig mit dem zu tun, was man sich unter einem wortgewandten Dichter vorstellt. Man denkt eher an Johann Heinrich Wilhelm Tischbeins Gemälde "Goethe in der Campagna", auf dem Johann Wolfgang von Goethe in feinem Tuch auf einer antiken Ruine posiert. Doch das Posieren an sich deutet auch Gemeinsamkeiten an. Offensichtlich gefiel sich Goethe in seiner Rolle als bekannter Texter, von Understatement ist nichts zu spüren.

Auch in den Texten gibt es Verbindungen zwischen Kollegah und Goethe. Textanalysten im Internet sehen in Kollegahs Lied "Universalgenie" eine Anspielung auf Goethes Faust, wenn er rappt "Und viele beten, ohne es zu wissen, Satan an". Ein viel deutlicheres Zitat gibt es beim Stück "Halftime Freestyle", denn hier wird die Ballade vom "Erlkönig" abgewandelt. Bei Kollegah reitet niemand durch Nacht und Wind, denn "es ist der King mit acht Zylindern". Statt mit einem lebendigen PS ist der moderne Erlkönig im SUV mit hunderten Pferdestärken unterwegs.

Neben einigen Verbindungen zwischen Goethe und Kollegah gibt es auch einen deutlichen Unterschied. So haben Goethes Werke zahlreiche Sprichwörter hervorgebracht, nicht zuletzt, weil der Dichter bereits populäre Redewendungen kürzte und optimierte und schließlich in seine Texte aufnahm. Aus Kollegahs Texten sind hingegen eher weniger Zitate so bekannt, dass sie als geflügelte oder Sprichwörter den Weg in Alltagsgebrauch geschafft haben. Hier sind es eher Künstler wie Haftbefehl ("Babo") oder Deichkind ("Leider geil"), deren Wortschöpfungen auch einer breiten Bevölkerung bekannt sind. Das mag auch daran liegen, dass Kollegahs Texte Vergleiche enthalten, die eben nicht jeder versteht. Heiner Barz vom Institut für Bildungsforschung und Bildungsmanagement an der Heinrich-Heine-Universität sagte vergangenes Jahr: "Kollegah ist ein Virtuose. Seine Techniken sowie seine Rhetorik sind Kunst, ja sogar eine Hochleistung".

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Auch wenn Kollegah sich mit solchen Zitaten eine gebildete Hörerschaft erspielt hat, geht er nicht allzu verbissen ans Texten heran. "Ich gehe nicht wie ein Deutsch-Leistungskursler an die Texte und zähle die Silben", sagte er in einem Interview mit dem Magazin des Splash-Festivals. Er gucke einfach, was 'cool' klinge. Denn schließlich sollten die Fans ja seine Musik kaufen und nicht nur die Texte auf Papier durchlesen. Und die hohen Verkaufszahlen seiner Musik zeigen, dass es eben auch Leute geben muss, deren Fokus nicht ausschließlich auf den Texten liegen dürfte.

Dieser Erklärungsversuch scheint auch zu gelten, wenn man betrachtet, wie erfolgreich Helene Fischer ist und wie simpel ihre Texte laut Bayerischem Rundfunk zu sein scheinen.

(ac)
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