Größte Kirmes am Rhein Losbude wurde angezündet

Düsseldorf · Der Brand im "Glückskönig" wurde vorsätzlich gelegt. Der Täter schnitt dazu die Plane, mit der die Bude verschlossen war, auf. Die Polizei hat noch keinen Tatverdächtigen und hofft auf weitere Untersuchungen. Die Besitzer Monika und Stephan Schleinitz wollen trotzdem nicht aufgeben.

Losbude "Glückskönig" nach dem Brand
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Der Brand in der Losbude "Glückskönig" in der Nacht vor der Kirmeseröffnung wurde vorsätzlich gelegt. Die Polizei schließt fahrlässige Brandstiftung inzwischen aus. Die Brandspezialisten der Polizei haben ermittelt, dass das Feuer, das gegen 4.40 Uhr ausbrach, im Innern des Wagens gelegt wurde. Der Täter schnitt dazu mit einem scharfen Gegenstand die Abdeckplane auf, mit der die Bude in der Nacht verschlossen war.

Die 30 Meter lange Losbude, die randvoll mit Stofftieren und anderen leicht entzündlichen Gegenständen war, hatte umgehend in Flammen gestanden. Einige Schausteller, die durch den Brand geweckt wurden, hatten noch versucht, das Feuer mit Schläuchen zu löschen. Vergeblich: Die Bude wurde vollständig zerstört.

Auf welche Weise der Täter den Brand legte und ob er einen Brandbeschleuniger benutzte, ist laut Polizei unklar. Möglicherweise benutzte er einen Brandsatz, vielleicht zündete er auch mit einem Feuerzeug eines der Stofftiere an.

Einen Tatverdächtigen gibt es noch nicht. Die Polizei vernimmt derzeit weiter Zeugen. Außerdem laufen kriminaltechnische Untersuchungen, die erst in einigen Tagen abgeschlossen sind und weitere Erkenntnisse bringen sollen. Unter anderem suchen Experten des Landeskriminalamts nach DNA-Spuren auf einer Tasche, die am Tatort gefunden wurde. Zum Inhalt will die Polizei aus taktischen Gründen nichts sagen. Auf der Kirmes kursieren derweil Gerüchte über einen Konkurrenzkampf zwischen Schaustellern, dem die alteingesessene Bude zum Opfer gefallen sei.

Die Besitzer des "Glückskönigs", Monika und Stephan Schleinitz, haben keine Erklärung dafür, warum jemand ihr Geschäft angezündet hat — zumal sich direkt hinter der Bude mehrere Wohnwagen befanden und der Täter davon ausgehen musste, dass Menschen durch das Feuer sterben könnten. Die Schleinitz haben sich mit der Polizei an die Tage vor dem Brand erinnert, als sie ihr Geschäft aufgebaut hatten. "Im Nachhinein erscheint einem vieles verdächtig", sagt Stephan Schleinitz. Er hofft nun auf die Ermittlungen der Polizei. Für das Ehepaar Schleinitz ist die Kirmes heute endgültig erledigt: Sie machen sich auf den Rückweg in ihre Wohnung nach Nürnberg.

Monika und Stephan Schleinitz waren mit dem "Glückskönig" Dauergäste auf der Düsseldorfer Kirmes und auf vielen anderen Festwiesen. In den vergangenen 20 Jahren stellten sie ihr ganzes Leben auf das Reisen mit der Losbude ein. Von Frühjahr bis Herbst waren sie mit diesem Geschäft und ab 1995 auch mit dem kleineren "Caesars Palace" auf Rummelplätzen unterwegs.

In Berlin, Stuttgart oder Darmstadt, aber auch in Luxemburg, Salzburg und Dublin pries Monika Schleinitz mit charakteristischem thüringischem Akzent vor allem überdimensionale Stofftiere an, Stephan Schleinitz kümmerte sich im Hintergrund um Nachschub bei Losen und Ware. Die Bude, die in den sechziger Jahren gebaut wurde, kam gut bei den Besuchern an, auch auf der Rheinkirmes. "Das Konzept des ,Glückskönig' war unschlagbar", sagt etwa der Schausteller Oscar Bruch anerkennend.

Für die Schleinitz war der "Glückskönig" ein Wendepunkt in ihrem Leben. Die beiden waren 1988 aus der DDR geflohen und hatten zunächst auf dem Wiener Prater gearbeitet. Dann kamen sie mit dem Düsseldorfer Schausteller Robert Weinert in Kontakt. Der hatte den "Glückskönig" zwei Jahrzehnte besessen und wollte sich zur Ruhe setzen. Die Schleinitz übernahmen das Traditionsgeschäft. "Weinert hat uns die große Chance gegeben, etwas eigenes aufzubauen", sagt Monika Schleinitz.

Seit Freitag sind davon nur noch Trümmer übrig. Mit Kran und Kettensäge wurden die Überreste nach der Polizei-Untersuchung zerlegt und bis zum nächsten Morgen in Schuttcontainer verfrachtet. Die Schleinitz hoffen jetzt auf ihre Versicherung. Denn der "Glückskönig" war ihr einziges Geschäft. Den "Caesar's Palace" hatten sie im April verkauft. "Wir sind jetzt ohne Einkommen", sagt Monika Schleinitz. Dafür haben sie Schulden: Die Waren im Wert von 30 000 Euro, die auf der Kirmes verspielt werden sollten, sind noch nicht bezahlt.

Für eine neue Losbude in dieser Größe wird die Versicherungsumme wahrscheinlich nicht reichen — solche Kirmesgeschäfte sind teure Unikate. Die Schleinitz wollen trotzdem einen Weg finden, bald mit einer neuen Attraktion auf dem Rummel zu stehen. Sie wollen trotz des Schicksalsschlags nicht aufgeben. "In den ersten Tagen war ich verzweifelt, jetzt bin ich motiviert", sagt Stephan Schleinitz. Andere Schausteller hätten Hilfe angeboten.

Auch auf der Düsseldorfer Kirmes würden die Schleinitz trotz allem gern bald wieder Stofftiere verlosen. "Wir haben an die Stadt auch viele gute Erinnerungen", sagt Monika Schleinitz.

(RP)
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