Prozess in Düsseldorf Kinder lebten im Müll: Haftstrafe für Mutter

Düsseldorf · Wochenlang mussten zwei Kleinkinder zwischen Müll und Hundekot leben. Ihre Betten waren kaputt, es gab kaum kindgerechte Nahrung.

 Die Angeklagte versteckt ihr Gesicht. Ihre Verteidigerin Stephanie Busch plädierte für eine Strafe auf Bewährung.

Die Angeklagte versteckt ihr Gesicht. Ihre Verteidigerin Stephanie Busch plädierte für eine Strafe auf Bewährung.

Foto: Bernd Schaller

Wenn die Staatsanwaltschaft von einer "Riesenschweinerei" spricht, dann ist das eine eher milde Beschreibung für die Zustände, die Anfang Februar 2012 in einer Wohnung im Stadtteil Rath herrschten. Nachbarn hörten Kindergeschrei und alarmierten die Polizei.

Was die Beamten fanden, verschlug ihnen die Sprache. Ein dreijähriger Junge und ein zwei Jahre jüngeres Mädchen trugen lediglich mit Kot verschmutzte Windeln. Der Junge, der nur grummeln, aber nicht sprechen konnte, musste in einem auseinandergebrochenen Bett mit nassen und zerrissenen Matratzen schlafen. Die Wände und Betten des Kinderzimmers waren mit Kot verschmutzt. Es wurde kein Spielzeug und keine Kinderkleidung gefunden. Damit die Kinder das Zimmer nicht verlassen konnten, wurde ein Brett vor die Tür genagelt.

Im Badezimmer stapelte sich Wäsche. Die Toilette war verstopft und dreckig. Im Kühlschrank gab es keine kindgerechte Nahrung. Ebenfalls im desolaten Zustand: Das Wohnzimmer in dem sich dreckige Kleidung, schmutzige Windeln und Hundekot fanden.

Wegen Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht musste sich am Dienstag die heute 25 Jahre alte Mutter der beiden Kinder vor dem Amtsgericht verantworten. Mit angeklagt: Der 22-jährige ehemalige Lebensgefährte der Mutter, der mit ihr in der Wohnung lebte. "Mir tut das heute sehr leid", sagte die Angeklagte. "Sie hat das nicht aus Bösartigkeit gemacht", sagte ihre Pflichtverteidigerin Stephanie Busch.

Die zwei Kinder der Angeklagten leben jetzt in Pflegefamilien. "Ich weiß, dass ich sie frühstens in vier bis sechs Jahren zurück bekommen kann", sagte die junge Frau, die während der Verhandlung ihr Gesicht vor den Zuschauern verbarg. Ihre Kinder darf sie alle zwei Wochen für eine Stunde besuchen.

Bis sie zwölf Jahre alt war, lebte sie bei ihren Eltern. Danach im Kinderheim, auf der Straße, bei Freunden und in einer illegalen Bauwagensiedlung. Die Richterin nennt das eine "Kindheit, die man keinem Kind zumuten möchte."

Mit 14 Jahren verbrachte die Angeklagte mehr als ein Jahr in der Psychiatrie, weil sie sich mit dem Messer Wunden zugefügt hatte. Welche Diagnose in der Landesklinik Grafenberg gestellt worden war, weiß die junge Mutter heute nicht mehr. Was sie aber weiß: Weihnachten 2011 soll alles in Ordnung gewesen sein in ihrer Wohnung in Rath. Ihre Eltern waren zu Besuch, es wurde gefeiert.

In den folgenden Wochen muss das Chaos ausgebrochen sein. In der Wohnung wurden viele leere Bier- und Wodkaflaschen gefunden. "Ich habe jeden Tag so drei bis vier Flaschen Bier getrunken", sagte die 25-Jährige. Ihr Freund trank und spielte am Computer. "Mit den Kindern war er wohl überfordert", sagte die Angeklagte, die sich vor sechs Wochen von ihrem Freund getrennt hat. Sie habe "irgendwann keinen Anfang mehr in der Wohnung gefunden." Das war das Ende.

"Ganz, ganz furchtbar", sagte die Richterin. Und: "Man kann nur das leben, was man selbst erlebt hat." Im Leben der jungen Frau sei viel schief gelaufen. Aber sie ist noch nie straffällig geworden. Ein Jahr Haft auf Bewährung lautet das Urteil. Ebenfalls ein Jahr auf Bewährung für Ihren Ex-Freund, der nicht zur Verhandlung erschienen ist. Und ein letzter Satz: "Wenn sie wieder Kinder bekommen, dann dürfen sie nicht so mit ihnen umgehen."

(wie)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort