Kinder in Not in Düsseldorf Diakonie wirbt für vielfältige Pflegeeltern

Düsseldorf · Mit Werbeplakaten sucht das Zentrum Pflegekinderhilfe neue Interessierte. Gezielt sollen auch Alleinerziehende und Menschen jenseits der 60, sowie gleichgeschlechtliche und muslimische Paare angesprochen werden.

 Rudolf Brune, Boris Wellssow und Pflegemutter Marina (v.l.) werben für das Zentrum Pflegekindhilfe, das Pflegekinder vermittelt.

Rudolf Brune, Boris Wellssow und Pflegemutter Marina (v.l.) werben für das Zentrum Pflegekindhilfe, das Pflegekinder vermittelt.

Foto: Endermann, Andreas (end)

Manchmal geht es rasend schnell im Leben. Eben noch steht Marion an der Supermarktkasse, als der Anruf kommt. Wenige Stunden später ist sie plötzlich Pflegemutter und trägt die Verantwortung über ein kleines Kind, das das Jugendamt zuvor aus prekären Familienverhältnissen herausnehmen musste. Psychische Erkrankungen, Sucht oder andere, überfordernde Situationen sind häufig Ursachen bei den leiblichen Eltern, die ein schnelles Handeln nötig machen.

In einigen Fällen wenden sich Eltern auch selbst an das Amt, weil sie mit der Verantwortung nicht zurechtkommen. Für solche Situationen steht Marion (62) mit ihrem Mann Teo (65) bereit, um dem Kind zumindest zeitweise ein sicheres Zuhause und die Gelegenheit zu bieten, die oft traumatisierenden Erlebnisse für einen Augenblick zu verdrängen. „In dem Moment ist es dann wie dein eigenes Kind“, sagt die erfahrene Pflegemutter.

25 Kinder hat sie in den letzten 27 Jahren aufgenommen. Einige blieben nur drei Tage, andere bis zu zweieinhalb Jahre beim Ehepaar aus dem Düsseldorfer Umland. Immer wieder sind beide erstaunt, wie schnell die Kinder in einer anderen Umgebung wieder aufleben. „Wenn das kleine Kind irgendwann wieder lächelt, ist das für mich das schönste Dankeschön überhaupt.“

Etwa 450 Pflegeeltern wie Marion und Teo sind im Raum Düsseldorf bei der Pflegekinderhilfe der Diakonie registriert. Einige nehmen die meist etwas älteren Kinder in der Dauerpflege bis zum Erwachsenenalter auf, andere wie Marion und Teo nur kurzzeitig als Ad-hoc-Bereitschaft. Doch der Bedarf an weiteren Pflegeeltern ist enorm. Erneut wirbt die Diakonie im ganzen Stadtgebiet nun um Interessierte, dabei auch ganz gezielt um Vielfalt.

Für große Aufregung sorgte die Werbeaktion schon vor drei Jahren, als auf den Postern ein gleichgeschlechtliches Paar zu sehen war. Auch auf den aktuellen Plakaten ist neben Marion und Teo ein lesbisches sowie ein muslimisches Paar abgebildet. „Bei Männerpaaren sind manche Mütter sogar erleichtert, dass sie weiter die Mutterrolle für das Kind einnehmen”, sagt Boris Wellssow, Leiter des Diakonie-Zentrums Pflegekinderhilfe, das die Koordination und Beratung leitet. Auch eine Familie mit ähnlich kulturellem Hintergrund würde viele leibliche Eltern beruhigen. Gezielt werden mit der Kampagne dabei auch Alleinerziehende oder Ehepaare jenseits der 60 angesprochen. „Durch mein Alter sehen mich viele Mütter nicht automatisch als Konkurrenz um ihr Kind”, berichtet Marion.

Was für die Kinder die richtige Umgebung sei, müsse immer individuell gesehen werden, sagt Diakonie-Vorstand Rudolf Brune. „Unsere Gesellschaft ist vielfältig, und so vielfältig sind auch die Lebenssituationen der Kinder. Wir brauchen diese Diversität auch bei den Pflegeeltern, um für jedes Kind die genau passende und liebevolle Familie finden zu können.“ Das können muslimische oder gleichgeschlechtliche Eltern genauso wie christliche und heterosexuelle Paare sein.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort