Kanalarbeiter im Nachteinsatz Kein Job für feine Nasen

Wer steht schon gerne in Fäkalien? Die Kanalarbeiter des Stadtentwässerungsbetriebes rümpfen schon längst nicht mehr die Nase, wenn es ins Abwasser geht. Auch Nachtschichten sind für diese Männer Routine, denn zu später Stunde fließt wesentlich weniger Wasser durch die Kanäle. RP ONLINE bekam Mittwochnacht einen tiefen Einblick in den Alltag eines Kanalarbeiters.

Ein Gang durch die Abwasser-Kanäle
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Ein Gang durch die Abwasser-Kanäle

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Foto: rpo, Lukas Felden

Bevor es in das tiefe Loch geht, werden Schutzmaßnahmen getroffen: Schutzanzug, Helm, Kopflampe, Stiefel - länger als sie Julia Roberts in "Pretty Woman" trug - , sowie ein Sicherungsgurt und ein so genannter Selbstretter gehören zur Standardausrüstung.

"Wir haben für Sie gut gelüftet", versichert Lutz Barenthien, Leiter des Kanalbetriebes. "Falls doch plötzlich giftige Gase kommen, warnen uns die Messgeräte. Dann brauchen sie den Selbstretter, ein Luftsack mit Mundstück. Damit können sie rund zehn Minuten vernünftig atmen." Sehr beruhigend.

Bis zu den Knöcheln in braunem Wasser

Der Blick in die Tiefe ist kurz, den der Geruch, der aufsteigt, verhindert weiteres Interesse. Gesichert wie ein Bergsteiger geht es rund sieben Meter runter. Unten angekommen, steht man bis zu den Knöcheln im braunem Wasser. Da schwimmen Dinge, die man sonst nur in der Toilette sieht.

Vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzen, denn es ist rutschig und der Rundbau des Kanals hat schon so manchen Arbeiter zu Fall gebracht. "Wer schon mehr als 200 Mal unten war, hat sicherlich schon im Dreck gelegen", sagt Michael Schoppen, ein erfahrener Kanalarbeiter.

Plötzlich ohrenbetäubender Lärm. Ein Arbeiter löst mit einem Presslufthammer Betonablagerungen, etwa 40 Zentimeter dick. Eine mühsame Arbeit, auch durch die schlechte Sicht, Dämpfe steigen auf, und nur der Schein der Kopflampe lässt erahnen, wo sich etwas befindet. Die Schicht der Kanalarbeiter beginnt ab 22 Uhr und endet um 6 Uhr morgens.

Nach 15 Minuten geht es wieder an die Oberfläche. Genug gesehen oder eher - gerochen. Durch den engen Kanalschacht klettern und endlich wieder draußen. Die Luft direkt neben der Autobahn ist plötzlich so herrlich wie in einem Kurort.

Die Männer die dort unten täglich arbeiten, haben Respekt verdient. Stundenlang in einem Rohr mit 2,5 Metern Durchmesser zu stehen, das im Jahr 1953 erbaut wurde - wo also bereits seit 55 Jahren Abwasser seine Spuren hinterlassen hat - ist sicherlich kein Job für jedermann oder empfindliche Nasen.

Der Stadtentwässerungsbetrieb sucht übrigens noch Nachwuchskräfte. Eine Lehrstelle ist in diesem Jahr noch zu besetzen und acht weitere im Jahr 2009.

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