Kulturzentrum Zakk Katja Riemann auf Deutschlandreise

Die Schauspielerin trat im Kulturzentrum Zakk mit einem ungewöhnlichen Programm auf: Sie spielte mit dem Gitarristen Arne Jansen Lieder der Rock-Band Rammstein und las Texte von Sibylle Berg. Eine souveräne Vorstellung, in der sie die deutsche Lebensart aufs Korn nahm.

Frau Riemann kommt im Trenchcoat auf die Bühne. Kurz ist er und beige. Sie sagt, wie doof und verblödend doch das Fernsehen sei. Immerhin aber rette es Millionen Menschen das Leben, die sonst vor Langeweile sterben würden. Und falle der Apparat mal aus, ginge man halt aus öder Verzweiflung ins Theater. Da hält man doch gleich ein wenig den Atem an. Sind damit etwa wir gemeint?

In die Stille hinein lächelt Katja Riemann, die eben erst von Bundespräsident Christian Wulff für ihre Tätigkeit als Unicef-Botschafterin mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt wurde, dem Publikum zu: "Wie schön, dass Sie heute alle hier sind!", sagt sie. Der Trench wird lässig abgestreift. Die Schauspielerin, Sängerin und Buchautorin steht nun im kleinen Schwarzen neben ihrem Partner, dem Jazzgitarristen Arne Jansen. Dann geht es los mit "Friedensreich — ein Doitschlandabend". Nichts zum heimeligen Einkuscheln, das verrät schon das Programm: Texte von Sibylle Berg und Musik von Rammstein.

Bei ihrem Gastspiel im Kulturzentrum Zakk treffen Riemann & Jansen auf rund 200 Zuhörer, die sich bereitwillig auf den kühnen Mix einlassen. Katja Riemann beginnt mit einer Passage über das kleine Glück im Schrebergarten. Sie kitzelt die bissig-ironischen Akzente so gekonnt heraus, dass man das Schaschlik zu riechen, die blassen Oberkörper in den Feinripp-Unterhemden zu sehen glaubt. Die Idylle zerplatzt beim ersten Rammstein-Lied. "Zerstöööören", singt Katja Riemann, wird dabei ganz laut und hämmert auf ihre kleine Melodica ein, aus der wie eine Nabelschnur ein weißer Schlauch mit Mundstück heraushängt. Auch damit macht sie Musik, ebenso wie später mit dem Glockenspiel oder der Rumba-Rassel. Arne Jansen ist ein brillanter Begleiter, allerdings übertönt seine Gitarre manchmal den Gesang. Aber so muss es wohl auch sein, wenn man sich die derbe Musik von Rammstein vornimmt, und nicht um jedes Wort ist es dabei schade.

Nur vereinzelt erklingen sanfte, melodiöse Balladen wie "Komm in mein Boot". Ein besonders schöner Moment, weil er auffängt, was Katja Riemann zuvor gelesen hat: Sibylle Bergs Erinnerungen an ihre ersten Wochen am Meer. Zwar "nur" an der Ostsee, aber dennoch ein schier unfasslicher Luxus, wenn man in der ehemaligen DDR aufwuchs. Dieser Text berührt. Die meisten anderen spießen genüsslich bis gallig auf, was Sibylle Berg unter deutscher Befindlichkeit versteht. Manches gelingt ihr fabelhaft, etwa die Fahrt im engen Liegewagen nach Paris, Leib an Leib mit anderen Reisenden: "Die Herren machen Geräusche!" Oder die Boutique-Szene, bei der gelacht wird, weil jede Frau das kennt: die arrogante Verkäuferin, für die Kunde gleich Feind ist, die Garderobe "mit OP-Licht und Zerrspiegel". An der souveränen Katja Riemann gibt es nichts auszusetzen. Sie gestikuliert, sie tänzelt, sie vibriert. Biedert sich nie an und trumpft in der Zugabe als böses, renitentes Mädchen noch einmal lustvoll auf. Viel Beifall für ein meisterhaftes Duo.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort