Prinzenclub Düsseldorf Prinz Karneval in Düsseldorf - eine Traumrolle

Düsseldorf · In diesem Jahr wird der Prinzenclub 60 Jahre alt. Wer Mitglied werden will, muss vorher der erste Jeck der Stadt gewesen sein, aber nicht unbedingt weiße Strumpfhosen mögen.

 Historische Aufnahme mit 1. Manfred Hildemann. 2. Werner Faßbender. 3. Peter Müller. 4. Wolfgang Schackow und 5. Bruno Recht.

Historische Aufnahme mit 1. Manfred Hildemann. 2. Werner Faßbender. 3. Peter Müller. 4. Wolfgang Schackow und 5. Bruno Recht.

Foto: Comitee Düsseldorfer Karneval

Der oberste Jeck der Düsseldorfer Pappnasen hat ein zutiefst undemokratisches Schicksal: Mit Mehrheit gewählt wird er nicht, sondern vom Vorstand des Comitee Düsseldorfer Carneval (CC) erkoren. Man(n) kann sich freilich bewerben, aber ohne Garantie auf eine Zusage. Und bei der Wahl der Partnerin, seiner Venetia, hat er nur ein eingeschränktes Mitspracherecht.

Dennoch: Über die Jahre war er oft (aber längst nicht immer) begehrt, dieser Job - Prinz Karneval in der Landeshauptstadt. Naheliegend also, dass die Männer, die dieses Amt ausüben durften, sich für etwas Besonderes hielten und am Aschermittwoch nicht einfach so die buntbefederte Mütze an den Haken hängen wollten. Also gründeten sie 1958 eine Art Vereinigung der Ex-Ober-Narren - und nannten sie "Prinzenclub". Das ist jetzt 60 Jahre her - aber dieser Verein ist rühriger denn je.

Über die Zeit ist da eine Galerie höchst unterschiedlicher Typen zusammen gekommen. Banker waren dabei und Wirte, Polizisten, Bäcker, Kaufleute und Techniker, Reiche und nicht ganz so Reiche. Kluge und nicht ganz so Kluge, große Redner und solche, die man lieber nicht auf die Bühne hätte lassen sollen. Das war nicht selten Fremdschämen pur. Wir decken den Mantel des Schweigens über diese Unglücksraben und nennen lieber keine Namen. Schwamm drüber - jeder von ihnen hat ihm Nachhinein gesagt: "Et wor ne jeile Zick!"

Stimmt auch. Als Narr Nr. 1 in dieser Stadt unterwegs zu sein, ist alles mögliche - anstrengend, kurios, teuer, aber nie langweilig. Sitzungen, Bälle, Senioren-Heime, Kindergärten, Firmen (Sponsoren!) - da kommt so einiges zusammen.

Dass dies stets gemeinsam mit einer Frau an der Seite, der Venetia, abgewickelt wird, kann schön sein, muss es aber nicht. Die Erfahrungen der Prinzen sind daher - sagen wir: unterschiedlich. Manche der per Pritsche zwangsvereinten Paare hassten sich wie die Pest und sprachen abseits der Bühne kein Wort miteinander, andere haben später geheiratet (teilweise waren sie es vorher schon, einige allerdings nicht miteinander!), hier und da soll es im Laufe des gemeinsamen Jobs zu ersten Innigkeiten gekommen sein, was dem gastgebenden Hotel (das stets das Hauptquartier des Prinzenpaares ist) die Kosten für das zweite Zimmer ersparte.

Die wirklich guten Stories kennen alle Insider (also der komplette Club!), aber sie stehen natürlich nicht in der fröhlich jubilierenden Festschrift. Sonst müsste man berichten von Venetien und ihren Blackouts aufgrund von zu viel Alkohol und zu wenig Essen, von allzu selbstbewussten Prinzen und ihren Versuchen, Werbung fürs eigene Unternehmen zu machen, von Stress und Streit - und in zwei oder drei Fällen von haarscharf vermiedenen Rauswürfen der jeweiligen Beteiligten. Wie gesagt - Schwamm drüber!

In den weitaus meisten Fällen lief alles glatt und größtenteils harmonisch. Auf jeden Fall hatte es immer einen hohen Unterhaltungswert, vieles ist heute gar nicht mehr vorstellbar. Wie etwa eine seinerzeit heiß geführte Diskussion um einen Möchtegern-Prinzen, der kurz vor der Kürung die sprachliche Rakete zündete, er könne auch mit Männern. Fortan hieß er "BiPri" (wegen Bi-sexuell!) und wurde vom geschockten CC umgehend überzeugt, weitere Ambitionen der närrischen Art bitte zu beerdigen. Was er auch tat.

Aber die Zeiten gingen weiter - in den folgenden Jahren gab es mehrere schwule Prinzen, und niemand hatte ein Problem damit. Zumal diese Männer auf der Bühne im Gegensatz zu einigen anderen alle eine gute Figur abgaben. Da waren besoffene oder bi-lateral allzu flexible Venetien schon schwieriger zu handeln. Von betrunkenen und im Suff pöbelnden Adjutanten des närrischen Herrscherpaares mal ganz abgesehen. Fazit: Düsseldorfs Karneval ist unterhaltsamer, als viele denken.

So oder so - die Geschichte des Prinzenclubs ist vor allem eine Erfolgsgeschichte, nicht zuletzt, weil sie mit saftigen Anekdoten gespickt ist. Wie die vom Prinz Peng. Im wahren Leben hieß er Klaus Hartmann und war Sprengstoffexperte. Am Montag nach dem Prinzenball (von diesem Event später mehr!) fuhr er zum Mörsenbroicher Ei, wo das alte Arag-Gebäude von ihm und seinen Experten in die Luft gejagt werden sollte.

Die Sprengung wurde - wie passend - zur Lachnummer: Der Beton-Klotz schüttelte sich nach der Explosion kurz, aber unbeeindruckt - und blieb stehen. Mühsam musste er nachher abgerissen werden. Oder, wenig lustig, der Rosenmontag 1986 von Prinz Harald (Müller) mit seiner Venetia (und Gattin) Gitta: Einbrecher hatten interessiert zur Kenntnis genommen, dass die beiden an diesem Tag garantiert nicht zu Hause sein würden und die Gelegenheit genutzt. Die beiden waren geschockt, machten aber eisern weiter . . .

Das gelang Wolfgang Schackow nicht: Der Chef des Comitee Düsseldorfer Carneval (CC) in den 1980er Jahren und Ex-Prinz war einer der ganz Großen unter den Jecken - mit echtem Humor, vielen Ideen, aber leider auch ein bisschen großzügig in der eigenen Darstellung. Als sich herausstellte, dass er das Eiserne Kreuz, das er trug, eher gefunden denn verliehen bekommen hatte, war Schluss mit lustig. Das haben damals viele bedauert!

Oder Prinz Hermann (Schmitz) - ein Mann mit einem bis heute (er macht die Schrott-Gala) ziemlich bissigen Humor. Wieso er 1993 Prinz wurde, wollte nachher keiner mehr erklären können. Viele verglichen Hermann (lange war er der Hoppeditz gewesen) mit einer losen Kanone an Deck, denn nichts und niemand war vor ihm und seinen Witzen sicher. Aber die Leute draußen hatten einen Riesenspaß. Apropos Spaß: Der war schon immer ein Problem für die Prinzen, weil jeder das, was er dafür hält, anders definiert als andere. Das gab immer wieder Stress - oder, wie der Rheinländer es sagt: Knies.

Da gab es Rücktritte und Prozesse, gegenseitiges Beschimpfen und Feindseligkeiten - wie in einer ganz normalen großen Familie halt. Dass sich einige weigerten, die üblichen weißen Strumpfhosen zu tragen und lieber normale Beinkleider wählten, war dagegen eher Folklore. Es mag auch aus der Einsicht gekommen sein, allzu dünne (oder dicke) Waden zu haben, die - betont durch die elastischen Dinger - eher lächerlich gewirkt hätten. Und das, so merkwürdig es klingt, wollten die meisten (außer Hermann, siehe oben) auf keinen Fall: sich lächerlich machen. Weil sie das Amt sehr ernst nahmen. Legendär dazu der Spruch von CC-Chef Günther Pagalies aus den 80er Jahren bei der Beschreibung des Prinzen-Profils: "Stellen sich mal vor, der geht auf die Bühne - und die Leute lachen?"

Nicht auszudenken . . .

Lange her. Heute herrscht über allem, und das seit Jahren, Jobsi Driessen. Dass der in Wahrheit mit Vornahmen Hans-Joachim heißt, wissen außer ihm und seiner Frau nur wenige. Er ist der unangefochtene Prinz der Prinzen, hält den Laden mit Humor aber konsequent am kurzen Zügel, ist das Gesicht des Clubs. Prinz war er vor über 30 Jahren, danach auch Chef bei LTU und Klüh.

Den Mann kann also nichts erschüttern, auch seine Karnevalisten nicht. Daher ging er auch beim Top-Event des Clubs, dem Prinzenball im Hilton, mit harter Hand an alte und ergraute Zöpfe, schnitt sie ab und machte aus dem Ball eine runde Sache - flotter Lackschuhkarneval der besten Art, begehrt und stets ratzfatz ausverkauft, obwohl das Ganze nicht billig ist: Wer zu dieser eleganten Riesenparty will, zahlt für Karten, dem neuem Kleid für die Partnerin, Getränken und Abendessen am Tisch schnell mehr als 1000 Euro. Aber offenbar tut man es gern - während andere Bälle dieser Art vor sich hindarben, ist der Prinzenball lebendiger denn je.

(RP)
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