Kö-Treiben Feiern, als wär’s das letzte Mal

Düsseldorf · Die Königsallee war gestern so voll wie selten zuvor. Viele bunt kostümierte Gruppen amüsierten sich ausgelassen auf der Prachtmeile.

Rosenmontagszug in Düsseldorf abgesagt
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Foto: dpa, kno

Wenn man nicht so genau weiß, ob es am nächsten Tag noch was zu feiern gibt, legt man sich naturgemäß besonders ins Zeug. Entsprechend ausgelassen ließen es die Narren gestern beim Karneval auf der Königsallee richtig krachen. Schon am frühen Nachmittag gab es kaum noch ein Durchkommen auf Düsseldorfs Prachtstraße, die kurzerhand in eine Partymeile verwandelt wurde. Allenfalls im Gänsemarsch konnten sich die Jecken mit ihren Bollerwagen noch fortbewegen.

Da zogen es vor allem die vielen Gruppen doch vor, sich einen festen Standort zu sichern, wenn sie denn tatsächlich ein freies Plätzchen gefunden hatten. Besonders auffällig: die vielen Kostümierten, die sich vom venezianischen Karneval inspiriert fühlten. "Ich fiebere schon lange dem Karneval entgegen, habe mir dieses Mal wirklich Mühe mit meiner Verkleidung gegeben und dafür sogar viel Geld ausgegeben. Das alles hier ist eigentlich gar nicht so mein Ding, aber mit einem entsprechend ausgefallenem Kostüm macht das Feiern viel mehr Spaß", sagt Friedhelm Blücher, der mit seiner Frau Heidrun und zwei weiteren befreundeten Pärchen, die nicht minder aufwendig verkleidet waren, viele Blicke auf sich zogen. Als Marie Antoinette, allerdings mit einem ziemlich kurzen Rock, hat sich Tanja Bister ausstaffiert. "Das hat alles zusammen nur 45 Euro gekostet", sagt die 19-Jährige und genießt den stolzen Blick von Freund Marco.

Aus Gütersloh hat es eine Gruppe Giraffen an die Kö gezogen. "Wir machen das nicht jedes Jahr, aber wenn, dann richtig", berichtet Ober-Giraffe Thomas Wolter, der sich bei der Organisation des Tripps allerdings etwas verkalkuliert hat: Um 16 Uhr ist schon kein Bier mehr da. "Ich konnte ja nicht wissen, dass meine Kumpel so einen Durst haben", wirft er dem Dutzend Langhälsen um sich herum einen strafenden Blick zu.

"Seit Menschengedenken" noch nie das Kö-Treiben ausgelassen, haben Martha König und ihre Freundinnen aus Flingern. "Wozu brachen wir einen Rosenmontagszug, das hier ist doch viel authentischer", sagt die rüstige Rentnerin, die jedes Jahr wie auch ihre Mitstreiterinnen immer wieder ein- und dasselbe Clownkostüm aus dem Keller holt. "Wieso, das ist doch noch gut, echte Qualität eben", begegnet sie Skepsis mit einem trotzigen Unterton.

Weitere fantasievolle Kostümierungen: Einige Jugendlicher hatten sich alle als Karl Lagerfeld verkleidet, jeder hielt ein Schild mit einem legendären Spruch des Modezars hoch. Etwa: "Wer Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren." Die Mitglieder der Samba-Truppe Los Locos waren nicht nur als bunte Paradiesvögel verkleidet, an ihren Musikinstrumenten hingen zudem jede Menge Palmen, so dass man von weitem den Eindruck gewann, mitten auf der Kö sei ein kleines Wäldchen gewachsen.

Und dann gibt es da natürlich noch die Evergreens, die nahelegen, dass man zumindest vor Karneval mit dem Verkauf von Swat-, FBI- oder einfach nur Police-Kostümen eigentlich ein Heidengeld verdienen müsste. Oder aber mit dem Betrieb von Toilettenwagen: 20 Meter reichte die Schlange bisweilen, je näher das ersehnte Ziel kam, desto angestrengter wirkte der Blick der Betroffenen. Noch ein Wort zur Musik: Wer es wie gestern tatsächlich schafft, Helene Fischer, Tote Hosen, Brings und Karnevalsklassiker wie "Da schwimmt ne Kölner" quasi gleichzeitig akustisch wahrzunehmen, ohne dabei komplett wahnsinnig zu werden, der hat sich als wahrer Jeck erwiesen.

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