Geschäftsführer des Comitee Düsseldorfer Carneval „Ich komme mir vor wie ein Bittsteller“

Düsseldorf · Hans-Jürgen Tüllmann ist Geschäftsführer des Comitee Düsseldorfer Carneval. Im Interview spricht er über Pferde im Zoch, politische Unterstützung - und eine geplante Papst-Audienz.

 CC-Geschäftsführer Hans-Jürgen Tüllmann beim Interview.

CC-Geschäftsführer Hans-Jürgen Tüllmann beim Interview.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Er sei dankbar für die Unterstützung der Stadt, sagt Hans-Jürgen Tüllmann (61), Geschäftsführer des Comitee Düsseldorfer Carneval (CC). Dennoch fühle man sich gegenüber anderen Institutionen benachteiligt.

In vier Wochen ist Rosenmontag. Läuft alles wie geplant – und: Freuen Sie sich?

Hans-Jürgen Tüllmann Zwei Mal ja – es ist zwar immer Stress bis zur letzten Minute. Und erst am Nachmittag, wenn alles vorbei und glatt gegangen ist, können wir durchatmen. Aber da ist auch viel Vorfreude, schließlich ist das ein tolles Erlebnis. Zuletzt wurde heftig diskutiert über Pferde im Zug.

Werden welche dabei sein?

Tüllmann Ja, aber wir haben Kompromisse vereinbart. Erstmals wird es dieses Mal keine Kutschen mehr geben. Denn bisher sind alle schweren Unfälle mit solchen Gespannen passiert. Wir haben gemeinsam mit allen betroffenen Vereinen und Gesellschaften entschieden, darauf zu verzichten.

Wie viele Kutschen gab es denn bisher?

Tüllmann Sieben.

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Foto: dpa/Federico Gambarini

Und die Pferde?

Tüllmann Es sind 40 oder 50 Tiere dabei, aber die Anforderungen an die Reiter sind verschärft worden. Es sollten wirklich nur erfahrene Reiter teilnehmen, also nicht solche, die einmal im Jahr auf einem Pferd sitzen. In Köln sind es übrigens rund 800 Pferde.

Sind Sie sicher, dass die Pferde nicht vorher sediert werden?

Tüllmann Ganz sicher. Wir haben nämlich unabhängige Tierärzte, die die Pferde vorab begutachten. Und zwar nicht nur optisch, sondern es werden auch stichprobenartig Blutproben entnommen. Wer da versucht, uns reinzulegen, hat ein echtes Problem.

Glauben Sie, dass es auf lange Sicht bei Pferden im Zug bleibt?

Tüllmann Ich meine, wir haben eine gute Lösung. Aber wenn es noch einmal zu einem Unfall kommen sollte, wird das Thema bestimmt sehr eng für die Reiter.

Sicherheit ist ja eh immer wieder die zentrale Frage. Wurden die Vorschriften nach den Veränderungen der letzten Jahre nochmals verschärft?

Tüllmann Nein. Wir haben uns inzwischen an die aufwendigeren Richtlinien gewöhnt und setzen das alles um. Dabei werden wir dankenswerterweise von der Stadt unterstützt. Sie übernimmt die rund 30.000 Euro Mehrkosten, die uns entstanden sind. Unter anderem 15.000 Euro für Container, mit denen Zufahrtsstraßen zum Zugweg gesichert werden. Gestellt werden diese Container vom Versorgungsunternehmen Awista.

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Foto: Jana Bauch

Halten die denn dem Aufprall eines Lkw notfalls stand?

Tüllmann Ja – die sind ja nicht leer und wiegen einige Tonnen.

Und sonst? Nennen Sie uns weitere Details zum Rosenmontags-Sicherheitskonzept?

Tüllmann Lieber nicht. Veröffentlichte Sicherheit ist keine mehr. Aber jeder kann gewiss sein, dass wir alles tun, damit sich jeder Besucher sicher fühlen kann.

Mit wie vielen Menschen rechnen Sie?

Tüllmann Das hängt natürlich vom Wetter ab. Voriges Jahr hatten wir rund 750.000 Besucher am Rosenmontagszug.

Da kommt auch eine Menge Geld in die Stadt.

Tüllmann Wohl wahr! Es gibt seriöse Untersuchungen, wonach der Karneval der Stadt pro Jahr etwa 100 Millionen Euro Umsatz bringt – Gastronomie, Hotels, Taxifahrer, Geschäfte und so weiter.

Viel Geld – kriegen Sie dafür die entsprechende Anerkennung?

Tüllmann Schwierige Frage. Die Stadt unterstützt uns, keine Frage. Vor allem bei Oberbürgermeister Thomas Geisel finde ich immer ein offenes Ohr, wenn ich mit Problemen zu ihm gehe. Aber dennoch fühlen wir uns benachteiligt.

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Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Wieso?

Tüllmann Wenn ich sehe, dass kulturelle Einrichtungen wie Oper und Schauspielhaus mit Millionen subventioniert oder umgebaut werden, gerate ich schon ins Grübeln. Ich will das hier nicht gegeneinander aufrechnen, aber der Karneval ist auch Kultur, er macht Düsseldorf weltweit bekannt, gehört zum Profil der Stadt, und die wirtschaftlichen Vorteile haben wir ja gerade erwähnt.

Was sollte passieren?

Tüllmann Man sollte darüber nachdenken, uns nicht nur als Folklore sehen und sich ein Beispiel an der Stadt Köln nehmen. Dort gibt es Zuschüsse von der Stadt, das Festkomitee arbeitet mit fest angestellten und gut bezahlten Kräften. Wir hier machen das alles ehrenamtlich. Wenn ich Hilfe brauche, komme ich mir oft wie ein Bittsteller vor, das ist in Köln ganz anders.

Was steht konkret an?

Tüllmann Wir brauchen mehr Platz an der Wagenbauhalle. Die haben wir ja gerade saniert und sind der Stadt dankbar für ihre Hilfe. Aber sie reicht nicht. Direkt daneben gibt es eine weitere Halle, die verkauft werden soll. Mein Traum wäre es, wenn wir sie kaufen – für einen geringen Betrag, und die Stadt finanziert uns die Arbeiten, die dort nötig sind, damit wir sie nutzen können.

Was müsste gemacht werden?

Tüllmann Einiges. Vor allem brauchen wir einen neu konstruierten Boden, um mit den schweren Wagen hineinfahren zu können.

Gibt es schon Gespräche dazu?

Tüllmann Ja. Ich hoffe, wir kommen weiter.

Zurück zum Rosenmontagszug – Sie haben jetzt die einmalige Gelegenheit, uns eine Liste der bereits fest vereinbarten Mottowagen von Jacques Tilly zu diktieren.

Tüllmann (grinst) Schöne Idee. Erstens steht da noch gar nichts fest, die werden ja in den letzten Tagen gebaut. Und sie bleiben – zweitens – natürlich wie immer geheim bis zum Morgen des Rosenmontags. Aber ich kann Ihnen schon jetzt sagen, dass ich sicher bin, mit Tillys Wagen wieder eine weltweite Resonanz für Düsseldorf zu sehen. Ich bin stets verblüfft, wo wir überall gezeigt werden – eine solche Werbung für Düsseldorf ist mit Geld nicht zu bezahlen. Umso mehr wundert es mich, dass man uns nicht stärker unterstützt. Jedenfalls können wir mehr als glücklich sein, Tilly zu haben und Tilly kann glücklich sein, dass er uns hat.

Der Wagen der jüdischen Gemeinde ist ja beschlossen. Steht die Finanzierung?

Tüllmann Davon gehe ich aus. Mitfahren werden Juden, Muslime und protestantische und katholische Christen. Es musste allerdings ein neuer Wagen gekauft werden, wir hatten keinen mehr, als die Entscheidung feststand. Übrigens hat auch Vodafone dieses Jahr erstmals einen Wagen im Zug. Wir freuen uns, dass sich das Unternehmen zu seinem Standort Düsseldorf bekennt. Und Fortunas Behinderten-Initiative „Behind Fortuna“ ist mit einem behindertengerechten Wagen dabei. Den haben unsere Freunde der Gruppe „Halbangst“ möglich gemacht.

Die neuen Einzelheiten der Übertragung durch den WDR sind ja gerade veröffentlicht worden. Bleibt es bei der Partnerschaft?

Tüllmann Ja. Wir sind gerade in den Verhandlungen, um den Vertrag bis 2022 zu verlängern.

Für welche Summe?

Tüllmann Wir haben vereinbart, ­darüber nicht zu sprechen. Aber es ist ja bekannt, dass das Geld vom WDR für TV-Sitzung und Rosenmontagszug ein wesentlicher Teil unserer Gesamtfinanzierung ist. Wobei sich nach unserer Beobachtung die Quoten verschieben. Bei der TV-Sitzung sehen wir einen leichten Rückgang, beim Rosenmontagszug eine Zunahme. Auch ein Grund dafür, die Übertragung des Zuges auszuweiten.

Nun noch ein Blick nach vorn.

Tüllmann Spätestens 2020 wollen wir mit dem Prinzenpaar eine Privataudienz beim Papst. Als ich jetzt gesehen habe, dass das Kölner Dreigestirn eine ganz normale öffentliche Audienz genutzt hat, um sich medienwirksam zu präsentieren, haben wir gesagt: Das können wir besser. Gespräche laufen bereits auf höchsten Ebenen, wir sind sehr optimistisch, dass das klappt.

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