Margot Sonne kommentiert für RP Online die Karnevalssession 2003/04 Et hät noch immer joht jejange

<P>Düsseldorf (dto). Trotzdem besteht kein Grund zum Jubel: Bei einer 'ganz guten' und einer grottenschlechten Fernsehsitzung aus Düsseldorf darf der Ruf der hiesigen Oberjecken nur ansatzweise als wieder aufpoliert gelten.

Wir kennen das alle aus der Schule: am Ende des Schulhalbjahres addieren sich die erbrachten Leistungen zu einem Endresultat. Wer Klassenarbeiten mit den Ergebnissen 2 und 4 abgeliefert hat, wird am Ende wohl bei der Gesamtnote 3 landen.

Im Düsseldorfer Karneval indes scheinen andere Gesetzmäßigkeiten zu greifen: hier mutieren die Resultate 5 und 2 plötzlich zum Endergebnis 1. Nicht anders muss es wohl interpretiert werden, wenn nach einer indiskutablen Sitzung fürs dritte und einer ansehnlichen fürs erste Fernsehprogramm plötzlich nur noch frenetisches Schulterklopfen zu sehen ist.

Die Krise im Karneval wird kurzerhand selbstherrlich weggejubelt: wir sind wieder wer und eigentlich waren wir es ja immer schon. Dass et Zweijestirn dabei genauso wenig aus Düsseldorf kommt, wie die Baunataler Tanzgarde, dass in den Personalausweisen der Rabaue eher Grevenbroich oder Rommerskirchen als Düsseldorf steht und dass Tanzmariechen Julia Kratz üblicherweise für die KG "Mir sin nit so" aus Saarbrücken über die Bühnen springt — wer will das so genau wissen — wir sind die Nummer 1 am Rhein!

Tatsache ist: um den karnevalistischen Nachwuchs ist es in der Landeshauptstadt nicht so gut bestellt, wie die organisierten Jecken uns das gerne glauben machen möchten. Ganz im Gegenteil: mit Pit und Joe gehen jetzt zwei ganz Große der lokalen Jeckenszene in Rente. Auch wenn das Comitee sich bislang beharrlich weigert, davon Kenntnis zu nehmen oder diesen Umstand vielleicht sogar in irgendeiner Weise entsprechend zu würdigen. Entertainer Wolfgang Reich hat seit einer Woche die 70 voll gemacht, sieht so der viel gerühmte Nachwuchs aus?

Dort, wo es ihn gibt, lässt man ihn in den Startlöchern stehen: so geschehen als in der ARD-Sitzung Präsidenten-Töchterchen Desiree ihr Liedchen trällern durfte. Ein herziges Kind, eine niedliche Nummer — keine Frage. Dass der rot-weissen Kindertanzgarde allerdings deswegen ein Auftritt verwehrt blieb und erboste Muttis die Veranstaltung boykottierten, wissen nur die wenigsten.

Wo sind sie, die Künstler aus Düsseldorf? Wo ist zum Beispiel Olli Materlik? In der vergangenen Session noch begeistert beklatscht, verschwand der Comedian plötzlich in der karnevalistischen Versenkung. Nicht nur aus der aufgezeichneten Fernsehsitzung wurde er rausgeschnitten, auch auf den Düsseldorfer Karnevalsbühnen ward der Düsseldorfer fortan nicht mehr gesehn.

Fallengelassen wie eine heiße Kartoffel! Der Newcomer war in Unkenntnis der Sachlage bei der Fernsehsitzung als Schlösserköbes aufgetreten. Das war zwar vorher geklärt und abgenickt, im Nachhinein aber nur noch kopfschüttelnd getadelt worden: "Dat kann dä in dä Fernsitzung doch nit machen!" — der Namenszug auf der Schürze war das Ende für Ollis`s kurze Karnevalskarriere. Das zum Thema Nachwuchsförderung in Düsseldorf! Darauf "dreimo von Hähtze" Helau!

Ihre Margot Sonne

(Margot Sonne kommentiert jeden Dienstag bei RP Online das Geschehen im Düsseldorfer Karneval. Das nächste Mal am 25. Februar.)

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Ehre, wem Ehre gebührt!
Margot Sonne kommentiert für RP Online die Karnevals-Session 2003/04 Ehre, wem Ehre gebührt!
Aus dem Ressort