Falco Kapuste tanzt seit seinem zehnten Lebensjahr Ein Naturtalent in Ballettschuhen

Falco Kapuste feierte weltweite Erfolge. Er blieb aber immer seiner Wahlheimat Düsseldorf treu.

 Nach seiner Ballettkarriere hat sich der 76-jährige Falco Kapuste so ruhige Hobbys wie Angeln und Jagen gesucht.

Nach seiner Ballettkarriere hat sich der 76-jährige Falco Kapuste so ruhige Hobbys wie Angeln und Jagen gesucht.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Angeln ist seine Leidenschaft. Und die Jagd! Ausgerechnet zwei Dinge, bei denen es darauf ankommt, stundenlang stumm und regungslos zu sitzen, ohne jedes Geräusch, dafür mit viel Geduld.

Schwer vorstellbar bei diesem Mann. 76 Jahre alt ist er; beim Gespräch springt er immer wieder auf, zeigt Tanzschritte und Figuren, unterstreicht Sätze und Worte mit lebhaften Gesten, rudert mit den Armen, winkt mit den Händen. Auf dem kahlen Schädel klemmt die dunkle Hornbrille, über schwarzem Rolli trägt er eine graue Weste, dazu passende Jeans und dezent cooles Schuhwerk. Eine solche Optik nennen die Amis „in a good shape.“

Sein Name: Falco Kapuste. Wer Ballett schätzt, kennt ihn. Ab 1970 war er im Ensemble der Deutschen Oper am Rhein, dort lange Jahre Erster Solotänzer und galt als größter Tänzer, den Deutschland nach dem Krieg erlebte. Am Ende, vor dem Ruhestand, war er auch Trainer oder Berater. Davor hatte er alles auf die Bühne gebracht, was zum klassischen Tanz gehört. Zuletzt im Alter von 58. Das ist jetzt fast 20 Jahre her.

 So elegant und federleicht sah es früher aus, wenn Falco Kapuste auf die Bühne kam.

So elegant und federleicht sah es früher aus, wenn Falco Kapuste auf die Bühne kam.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Nun, in Rente, ist er immer noch schlank und fit wie – sagen wir: ein Ballettschuh. Seine nach wie vor vorhandene Dynamik ist sicht- und fühlbar. Und dafür ist er dankbar. „In meinem Alter noch eine solche Konstitution zu haben, ist ein großes Geschenk!“.

Ehefrau Elke, früher ebenfalls bekannte Balletttänzerin, lächelt milde dazu – sie kennt ihn seit früher Jugend. Die beiden sind fast durch ihr gesamtes Leben gemeinsam gegangen. Man könnte auch sagen: getanzt. Von dieser Vergangenheit künden zahlreiche Fotos an den Wänden der Wohnung in Büderich.

Nicht weit vom Zuhause hat er einen Teich gepachtet und ködert Barsche und Karpfen. Und so oft es geht, holt er das Gewehr aus dem Tresor und sitzt an in Revieren von Freunden in der Eifel oder im Siegerland.

Aber das Zentrum seines Lebens war immer der Tanz, und zwar auf allen großen Bühnen der Welt. Wenn er darüber spricht, und das tut er gern und ausführlich, sprudeln Namen von Tänzerinnen, Choreographen und Regisseuren aus seinem Mund; er zählt die Städte auf, in denen er auftrat, die Länder, die er bei Tourneen kennenlernte.

Dass der Tanz seine Bestimmung werden würde, wusste Falco Kapuste bereits mit gerade mal zehn Jahren. Durch einen Zufall kam der mit Familie in Hannover lebende Junge in eine Ballettaufführung – und war sofort gepackt, wie er sich gut erinnert. Gegeben wurde Tschaikowskys Nussknacker. Daheim hörten Vater und Mutter den damals, in den 1950er Jahren, nicht gerade üblichen Satz „Ich lerne tanzen!“. Generationen von Ballettfreunden sollten den Eltern dankbar sein, denn sie unterstützten den Sprössling, jedenfalls anfangs und auch nicht mit Begeisterung. Später kamen Zweifel. Kann man davon leben? Ja, konnte man. Der Sohn bewies es ihnen.

Die Aufnahme in die Schule des Hannoveraner Opernhauses ging – nun ja, dieses Bild muss hier erlaubt sein: glatt über die Bühne. Denn er war beim Bewerbungstermin der einzige Junge neben 60 Mädchen. Man nahm ihn sofort, glücklich darüber, überhaupt einen männlichen Schüler zu haben.

Aber sehr schnell fiel seine Begabung auf, und eine anatomische Besonderheit: Die Stellung seiner Hüftknochen ermöglichten ihm problemlos bestimmte Figuren, für die andere lange üben mussten. Ein Naturtalent, im wahrsten Sinne des Wortes. Umgehend demonstriert er diesen Schritt beim Gespräch – scheinbar kinderleicht. Beim Versuch, es nachzumachen, spürt man plötzlich die Grenzen der eigenen Muskulatur in den unteren Extremitäten. Sehr schmerzhaft.

Apropos Schmerzen: Die hat der Tänzer Kapuste selbst mehrfach erlebt, vor allem bei einem unglücklichen Sprung, bei dem er sich das Sprunggelenk in einem Fuß verletzte. Über Monate wurde er behandelt, ohne wirklichen Erfolg. In dieser Zeit konnte er kaum auftreten, im doppelten Wortsinne. Aber dann hörte er von einem sagenhaften Physiotherapeuten in Düsseldorf, ein Mann mit heilenden Händen. Erich Deuser hieß der, und sein Ruhm als Fitmacher der Fußballnationalmannschaft war damals schon grenzenlos. Trainer-Legende Sepp Herberger hatte ihn geholt, und nun vertraute sich Falco ihm an. Deuser wurde seinem Ruf gerecht – Kapuste war nach zweimaliger Behandlung binnen einer Woche wieder auf den Füßen. Nicht zuletzt, weil Deuser sofort die richtige Diagnose – Bänderriss – gestellt und gewusst hatte, was zu tun war. Womöglich schuf dieser Besuch in Düsseldorf die folgende enge Bindung an die Stadt am Rhein.

Also – die Dankbarkeit der Ballettfans ist dementsprechend auch Fußball-Fitmacher Erich Deuser sicher!

In den Jahren danach tourte Kapuste durch die Welt, trat an allen großen Bühnen Europas auf, feierte Erfolge in Paris und Berlin, in Südamerika und Monaco. Aber Düsseldorf war seine künstlerische und private Heimat.

Und sie blieb es, bis heute.

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